Wer denkt schon über seine Absicherung nach, wenn gerade der Abschluss des Studiums ansteht? Doch Studierende können nicht früh genug klären, welche privaten Versicherungen sie brauchen und wo sie noch über Policen ihrer Eltern geschützt sind. Denn Lücken im Schutz können teuer werden.
Von Gisela Haberer
Ein „Must have“ nennen Verbraucherschützer die private Haftpflichtversicherung. Denn jeder Erwachsene haftet für Schäden, die er verursacht. Und zwar mit dem gesamten Vermögen und – bis zur Pfändungsgrenze – auch mit dem Einkommen, unter Umständen ein Leben lang. Private Haftpflichtversicherungen übernehmen Schäden bis zu gewählten Deckungsgrenzen und wehren unberechtigte Ansprüche ab. Um keine Pleite zu riskieren, haben Volljährige eigentlich nichts Wichtigeres zu tun, als sich nach ihrem Schutz im Schadensfall zu erkundigen.
Wie lange besteht Versicherungsschutz über Familientarife der Eltern?
Eltern schließen bei Sachversicherungen meist Familientarife ab, etwa für die private Haftpflicht- oder eine Rechtsschutzversicherung. Für beide Policen gelten ähnliche Regelungen. Volljährige Kinder bleiben bis zum Abschluss ihrer schulischen und beruflichen Erst- und Zweitausbildung in der Familiendeckung, solange sie nicht verheiratet sind – auch wenn sie nicht mehr bei den Eltern wohnen. Aber: Nach einen Urteil des Bundesfinanzhofes endet ein Hochschulstudium nicht mit der Exmatrikulation, sondern bereits mit der schriftlichen Bekanntgabe sämtlicher Prüfungsergebnisse (Az: III R 40/19). Dafür genügt es, wenn die Abschlussnoten im Onlineportal der Hochschule stehen und Studierende dort eine schriftliche Bestätigung abrufen können.
Manche Versicherer gewähren zwar einen kurzen Übergangsschutz von wenigen Monaten. Dies ist aber nicht die Regel. Eltern oder Kinder sollten also beim Versicherer nachfragen, wie lange die Familiendeckung gilt und sich rechtzeitig um entsprechende Anschlussverträge kümmern.
Was passiert mit anderen privaten Policen, die Eltern für ihre Kinder abgeschlossen haben?
Eltern können für ihre Kinder eine ganze Reihe privater Policen abschließen, etwa eine Auslandsreisekrankenversicherung, eine private Unfallversicherung oder eine private Rentenversicherung. Für einige dieser Policen gibt es Kindertarife. Diese müssen dann bereits zum 18. Geburtstag angepasst werden. Wollen Eltern die Kosten für diese Tarife nicht mehr übernehmen, müssen sich volljährige Kinder überlegen, ob sie die Verträge selbst weiterführen wollen oder kündigen. Bei der Entscheidung kann eine unabhängige Beratung helfen, besonders bei komplexeren Policen wie einer Rentenversicherung. Adressen unabhängiger Berater vor Ort lassen sich über den Bundesverband der Versicherungsberater und den Bundesverband unabhängiger Honorarberater finden.
Welche weiteren privaten Versicherungen brauchen Berufsanfängerinnen – und ‑anfänger?
„Unbedingt abschließen“: lautet die Empfehlung der Verbraucherschützer zur Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Denn sie sichert das größte Vermögen ab, das die meisten Menschen haben: die eigene Arbeitskraft. Wie wertvoll sie ist, verrät eine Beispielrechnung. 2020 lag das durchschnittliche Bruttoeinkommen bei 3975 Euro im Monat. Hochgerechnet auf 40 Berufsjahre werden damit 1,9 Millionen Euro erwirtschaftet. Fällt das Einkommen weg, sinkt der Lebensstandard rapide. Auf die gesetzliche Absicherung können sich gerade junge Leute nicht verlassen. Denn alle, die nach 1961 geboren wurden, bekommen von der gesetzlichen Rentenversicherung höchstens dann eine so genannte Erwerbsminderungsrente (EU), wenn sie überhaupt nichts mehr arbeiten können. Solange irgendeine Tätigkeit mehr als drei Stunden pro Tag ausgeübt werden kann, fällt die EU-Rente noch niedriger aus als sonst schon.
Bei einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) wird bei Abschluss die Höhe der monatlichen Leistung selbst festgelegt. Diese fließt, sobald der eigene Beruf für längere Zeit nicht mehr ausgeübt werden kann. Längere Zeit bedeutet je nach Versicherer sechs Monate oder länger. Unabhängig davon, warum der Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann – ob wegen körperlicher oder psychischer Erkrankung oder Unfalls – zahlt der Versicherer, solange der Vertrag läuft.
Eine schwere Erkrankung oder ein Unfall können jederzeit eintreten. Daher: Je früher eine BU abgeschlossen wird, desto besser. Außerdem ist die Gesundheitsprüfung in der Regel leichter zu bestehen als in höherem Alter. Zudem sind die Beiträge bei frühzeitigem Abschluss deutlich günstiger.
Etliche Versicherer bieten BU-Policen bereits für Studierende an. Im Leistungsfall wird dann geprüft, ob das mit dem Studium angestrebte Berufsziel noch erreichbar ist oder ob das aktuelle Studium noch fortgesetzt werden kann. Später lassen sich diese BU-Policen dann an die tatsächliche berufliche Situation anpassen. Auch bei einem Abschluss nach Antritt der ersten Stelle ist darauf zu achten, dass die Leistung jederzeit ans Gehalt anpassbar ist.
Bei BU-Policen kommt es auf kleinste Details an. Laien haben kaum eine Chance, jedes zu beachten oder auch nur zu erkennen. Daher ist vor Abschluss guter Rat jeden Cent wert: am besten einem von einem unabhängigen Versicherungsmakler oder ‑berater. Diese vertreten keinen Versicherungskonzern. Sie kennen dagegen das gesamte Marktangebot und beraten, welche Police am besten zum jeweiligen Bedarf passt. Erste Orientierung über Beitragshöhen vor und nach Ende des Studiums gibt ein Versicherungsvergleich.
Welche weiteren privaten Policen sinnvoll oder nötig sind, hängt davon ab, was man ist, hat oder unternehmen will. Der Bund der Versicherten bietet einen kostenlosen Bedarfs-Check mit einem entsprechenden Filter.
Weitere Tipps:
„Zwischen Studium und Beruf Teil 1: Wovon leben?“
„Zwischen Studium und Beruf Teil 2: Wie krankenversichern?“
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