Vor allem jüngere Leute wollen es tun: sich am Kapital ihres Betrieb zu beteiligen. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die Unternehmen hierzulande anbieten können. Eine Beteiligung kann ein wichtiger Baustein bei Gehaltsverhandlungen sein.
Von Gisela Haberer
Die Idee ist sechzig Jahre alt: Beschäftigte sollen am Produktivkapital ihrer Unternehmen beteiligt werden und so an den Gewinnen ihres Unternehmens teilhaben. Auf diese Weise profitieren alle vom wachsenden Wohlstand, war der damalige Kanzler Ludwig Erhard überzeugt, der „Vater des deutschen Wirtschaftswunders“. Heute können Unternehmen ihre Beschäftigten auf verschiedenen Wegen beteiligen, zum Beispiel direkt am Unternehmenskapital, ausschließlich an Gewinnen oder am Ausbau des Betriebes. Aber wollen Beschäftigte neben ihrer Arbeitskraft auch noch Geld in ihre Firma investieren? Das fragte die Forschungsabteilung des Versicherungskonzerns Allianz Angestellte in Deutschland, Frankreich und Italien. Ihr Ergebnis: In Deutschland ist das Interesse besonders hoch. Unter den 18- bis 24-Jährigen befürwortet sogar eine deutliche Mehrheit die Mitarbeiterbeteiligung. Einige Wege dafür stehen allen Unternehmen offen. Andere hängen von bestimmten Voraussetzungen ab, etwa der Rechtsform. courage-online.de stellt die Bandbreite der Mitarbeiterbeteiligung und deren staatliche Förderung vor.
Aktien für die Belegschaft
Diese Form der Mitarbeiterbeteiligung ist natürlich an die Rechtsform des Unternehmens gebunden: Nur Unternehmen, die Aktiengesellschaften sind, können ihren Beschäftigten zusätzlich zum Lohn Belegschaftsaktien anbieten. Vorteil: Diese Aktien gibt es in der Regel mit einem kräftigen Rabatt, entweder auf den aktuellen Börsenkurs oder über Gratisaktien. Über ihre Aktien besitzen Beschäftigte dann einen kleinen Teil ihres Unternehmens, damit sind sie auch am Wertzuwachs und an Dividendenausschüttungen beteiligt. Je nach Aktiengattung haben sie ein Recht auf Auskunft und auf Teilnahme an der Hauptversammlung. Dort können sie über ihr Stimmrecht, dessen Gewicht sich nach Anzahl der gehaltenen Aktien bemisst, die Geschicke ihres Unternehmens mitbestimmen. Nach bestimmten Haltefristen können sie die Aktien veräußern, in der Regel an der Börse.
Anteile an einer GmbH
Unternehmen, die als Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisiert sind, können ihren Beschäftigten anbieten, Geschäftsanteile zu erwerben. Damit werden Mitarbeiter:innen zu gleichberechtigten Gesellschafter:innen. Sie sind dann am Wertzuwachs und an Gewinnausschüttungen entsprechend ihres Anteilvolumens beteiligt. Geht das Unternehmen pleite, haften sie allerdings auch für dessen Schulden – aber nur bis zur Höhe ihrer geleisteten Einlage.
Anteile an einer Genossenschaft
Genossenschaften bauen Eigenkapital auf, indem sie Genossenschaftsanteile ausgeben. Unternehmen, die als Genossenschaft organisiert sind, können ihren Beschäftigten anbieten, Anteile zu erwerben. Ob und wie hoch die Anteile verzinst werden, entscheiden die Genossen selbst, zum Beispiel in ihrer jährlichen Generalversammlung. Dabei hat jedes Mitglied eine Stimme, unabhängig von der Anzahl seiner Anteile.
Beteiligung am Erfolg
Diese Art der Mitarbeiterbeteiligung steht jedem Betrieb offen, unabhängig von Größe oder Rechtsform: Jeder Betrieb kann seine Beschäftigten am Erfolg beteiligen. Dann erhalten die Angestellten zusätzlich zum Lohn eine erfolgsabhängige Extrazahlung. Deren Höhe kann sich an der Leistung des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin orientieren, aber auch an gemeinsam erwirtschafteten Einnahmen oder am erzielten Gewinn. Mit diesem Extra werden Mitarbeitenden zwar am Gewinn beteiligt, nicht aber am Kapital des Unternehmens.
Beteiligung – in spe
Start-Ups fangen klein an – ihr Erfolg steht in den Sternen. Wer bei ihnen eine Stelle annimmt, geht ein vergleichsweise höheres Risiko ein. Schließlich ist nicht absehbar, ob sich das Unternehmen am Markt durchsetzen kann. Als Ausgleich für dieses Risiko bieten deutsche Start-Ups häufig „virtuelle Beteiligungen“: Sie sagen ihren Beschäftigten zu, sie an zukünftigen Erlösen zu beteiligen, etwa wenn das Unternehmen eines Tages gewinnbringend verkauft wird oder an die Börse geht.
Stille Beteiligung
Betriebe können ihren Beschäftigten anbieten, stille Gesellschafter zu werden. Als solche sind sie dann auf jeden Fall am Gewinn zu beteiligen. Verluste mitzutragen, kann vertraglich ausgeschlossen werden. Geschieht dies nicht, ist die Beteiligung am Verlust auf die Einlage begrenzt. „Stille Gesellschafter“ haben weder die Rechte noch die Pflichten „echter Gesellschafter“, sie haben also keine Mitspracherechte. Laut Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung ist die stille Beteiligung für jede Branche und jede Betriebsgröße geeignet. Ein Grund: Der Aufwand, um das Modell einzuführen und zu verwalten, hält sich in Grenzen.
Genussrechte
Unternehmen aller Rechtsformen können Genussrechte ausgeben, auch an ihre Beschäftigten. Mit dem Erwerb von Genussrechten wird dem Unternehmen Geld überlassen. Dafür gibt es als „Genuss“ eine jährliche Beteiligung am Gewinn. Das Geld wird also verzinst. Dies kann in Euro und Cent erfolgen, aber auch in Form von Naturalien. Naturalzinsen leisten vor allem Betriebe, die buchstäblich Genüsse herstellen, darunter Bäckereien, Brauereien, Gärtnereien und Imkereien. Gerade für kleinere Betriebe ist die Ausgabe von Genussrechten ein Weg, ihren Ausbau zu finanzieren. Inhaber:innen von Genussrechten werden über die Entwicklung des Unternehmens informiert, sie haben aber keine Mitwirkungsrechte.
Mitarbeiterguthaben
Betriebe können für ihre Beschäftigten Vermögen aufbauen: Dafür zahlen sie Mittel aus einer freiwilligen Erfolgsbeteiligung nicht direkt aus, sondern schreiben es auf einem Beteiligungskonto gut. Das Guthaben kann wahlweise fest oder erfolgsabhängig verzinst werden. Bis zur Auszahlung bleibt das Guthaben steuer- und sozialabgabenfrei stehen. Geht das Unternehmen pleite, ist das Guthaben jedoch verloren.
Mitarbeiterdarlehen
Ein Betrieb kann seinen Beschäftigten Darlehen gewähren, etwa zum Erwerb von Wohneigentum zu vergünstigten Bedingungen. Es geht aber auch andersherum. Beschäftigte können ihrem Betrieb Geld leihen. Im Darlehensvertrag werden Laufzeit und Höhe der Verzinsung festgeschrieben. Am Ende erhalten Arbeitnehmer:innen ihr eingesetztes Kapital plus Zinsen zurück.
Staatliche Förderung
Der Staat fördert die Beteiligung von Beschäftigten am Betriebskapital, nicht aber ihre Beteiligung an Gewinnen. Seit Juli 2021 bleiben bis zu 1.440 Euro pro Jahr steuer- und sozialabgabenfrei, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind: Die Kapitalbeteiligung ist eine freiwillige Leistung des Unternehmens. Sie steht grundsätzlich allen Beschäftigten offen, die ein Jahr oder länger im Betrieb sind. Sie erfolgt in Form von Sachbezügen, etwa als Aktien, Anteile oder Genussrechte. Die Beteiligung kann auch in Form einer Entgeltumwandlung geschehen, also nicht zusätzlich zum Arbeitslohn. Auch dann bleiben bis zu 1.440 Euro pro Jahr steuerfrei, doch vor der Umwandlung gehen vom Entgelt die üblichen Beiträge an die Sozialversicherungen ab.
Vermögen aufbauen mit Betrieb und Staat
Viele Unternehmen zahlen freiwillig zum Gehalt Vermögenswirksame Leistungen (VL). Damit lassen sich Bausparverträge, Bank- und Fondssparpläne besparen. Auch wenn bereits solche Verträge mit VL bespart werden, dürfen Betriebe ihren Beschäftigten zusätzlich bis zu 400 Euro im Jahr überweisen, wenn die Angestellten dieses Geld in ihr Unternehmen investieren, zum Beispiel durch den Erwerb von Aktien oder Anteilen. Bis zu bestimmten Einkommensgrenzen legt der Staat auf all diese Anlagewege der VL noch eine Prämie obendrauf: die Arbeitnehmersparzulage. Der Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung wirbt seit Jahren dafür, die Einkommensgrenzen für die staatliche Förderung anzuheben und damit dieses Instrument der Vermögensbildung für mehr Beschäftigte attraktiv zu machen. Aktuell liegen Einkommensgrenzen so niedrig, dass sogar Vollbeschäftigte mit Mindestlohn bereits darüber liegen können.
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