Susan Sommerfeld ist schwer an Krebs erkrankt. Dennoch lebt die lebenslustige Hamburgerin seit 2014 mit der harten Diagnose. Wie gelingt ihr das? Der zehnte Teil der courage-online.de Serie „Superheldinnen“.
Von Matthias Lauerer
In der courage-online.de-Serie „Superheldinnen“ stellen wir regelmäßig Frauen vor, die ihr augenscheinlich „ganz normales“ Leben wie eine Superheldin meistern. Wir zeigen die ganz persönlichen Lebensläufe, sprechen über Finanzbildung und wollen Mut machen: Jede Frau ist eine Superheldin!
Wie nähert man sich einer Person, bei der man weiß, dass sie sterben wird? Und was, wenn jene Bürgerin dazu noch deutlich jünger ist, als man selbst? Wie kann das gut gehen – und gefühlvoll gelingen? Mit diesen Hintergedanken und einem Stoßseufzer greife ich zum Telefonhörer – und rufe Susan Sommerfeld an. Die musste das erste Gespräch verschieben, die Gesundheit eines ihrer beiden Kaninchen machte Theater. Jetzt aber: „Su, wie geht es Dir?“ Oder doch eher formal: „Frau Sommerfeld, wie steht es um Ihre Gesundheit?“ Kaum ist der erste Satz gesagt, räumt die junge Frau das förmliche Trara sofort ab. „Ich bin Susan, schön dass wir es geschafft haben“, sagt sie. War doch ganz einfach – und an meinem Ende der Leitung entspannt sich der Geist und lässt sich auf das Gespräch ein. Worum es geht: Aufmerksamkeit zu schaffen für ein Thema, das Millionen Deutsche jährlich trifft. „Etwa 4,65 Millionen Menschen leben in Deutschland mit einer Krebsdiagnose“, heißt es vom „Zentrum für Krebsregisterdaten“ des „Robert Koch Instituts“ dazu – und geschätzt 510.000 Fälle kamen 2020 hinzu. Was keiner so recht erklärt: Weshalb explodieren diese Zahlen Jahr um Jahr? Und auch: Wer hat das eigentlich zu verantworten?

Susan Sommerfeld, ©Arne Stiller Photography
Mitten im Leben
Die Geschichte von Sommerfelds Erkrankung ist schnell erzählt. Zuerst ist da ein seltsamer Knoten in der Brust, dazu gesellt sich Müdigkeit. Sie hat Nasenbluten und der Blutdruck fällt ab. Dazu kommt die Schwäche „Einmal wollten wir auf die Reeperbahn und ich bin um Mitternacht eingeschlafen, was sehr untypisch für mich ist. Bevor ich von meiner Krankheit wusste, war ich immer die, die auf Partys rumhüpfte.“
Plötzlich so viel Zeit
Wie lebt man mit so einer Krankheit? „Als ich vor sieben Jahren die Diagnose Brustkrebs bekam war das ein Schock. Noch kurz davor hetzte ich durch meinen Alltag und hatte dabei im Sinn: Je mehr ich unternehme, desto mehr bekomme ich vom Leben mit. Plötzlich war alles anders: Ich war eineinhalb Jahre krankgeschrieben und hatte Zeit. So viel, dass ich am Anfang gar nicht wusste, was ich mit der ganzen Zeit anfangen sollte. Meine einzigen fixen Termine waren Arztbesuche, später die Chemotherapie.“ Doch Su, wie sie mit Spitznamen heißt, bezwingt den Krebs und gilt als geheilt.
Arbeit gefunden
Als die Krankheit zurückkommt, arbeitet sie gerade als Projektleiterin. Doch dort setzt man sie, mitten in der Probezeit, skrupellos vor die Tür, weil man „darauf keine Lust hatte“, wie sie sagt. Den nächsten Job verliert sie wegen der Coronapandemie. „Der war super und hat gut gepasst.“ Längere Zeit ist Susan arbeitslos, doch seit dem 1. Oktober arbeitet sie in einem Handwerksbetrieb im Büro. Die Aufgabe gibt ihr Sinn und Struktur. „Viele sagten zu mir: ´An Deiner Stelle würde ich nicht mehr arbeiten.´ Doch so eine Einstellung muss man sich leisten können.“ Was sie unbedingt noch machen will: Hawaii besuchen. „Vor meiner Krankheit war mein Leben nicht schlecht, aber es war nicht ganz vollkommen“, sagt sie dazu.
Medikamente und deren Wirkung
Und heute? „Ich überlebe nur mit der Hilfe von Substanzen. Heute kontrollieren mich die Medikamente.“ Folgen davon: „Migräneanfälle, Übelkeit und schlimmere Reaktion sind möglich. Dazu gesellt sich trockene Haut“, sagt Sommerfeld. Was ihr dann immer hilft, auch um die Freiheit zurückzugewinnen, ist der Gang raus aufs Wasser. Besser gesagt der Ritt auf ihrem Stand up Paddle. Denn: „Nur auf dem SUP fühle ich mich frei, kann alles steuern und habe die volle Kontrolle über mein Tun“, sagt die Frau.

Susan Sommerfeld, ©Arne Stiller Photography
Tempus fugit
Susan lernte, ihre Lebenszeit zu schätzen: „Statt von Treffen zu Treffen zu hetzen, verabrede ich mich nur noch mit einer Freundin am Tag und nehme dafür bewusst Zeit.“ Was hinzukommt, sind die kleinen Dinge, die oft den großen Unterschied im Leben eines Menschen machen, denn: „Ich habe mir endlich zwei Kaninchen angeschafft. Ein Herzenswunsch, für den ich mir zuvor nie Zeit nahm.“
„Sucht Euch Euer Glück“
Was Susan heute Kraft verleiht: „Ich habe meinen Freund, ein tolles und verständnisvolles Zuhause – gefüllt mit Leben, Liebe, Vertrauen, Respekt und Akzeptanz.“ Was ihr auch hilft: über das Thema Krebs zu bloggen und „Menschen zu vernetzen.“ Sommerfeld engagiert sich für „Cancer Unites“ und tut dies, um über ihr „Dasein zu schreiben.“ Ihr Weckruf an die Welt: „Man kann immer etwas finden, was einen glücklich macht. Sucht es Euch!“
In der courage-online.de-Serie „Superheldinnen“ stellen wir regelmäßig Frauen vor, die ihr augenscheinlich „ganz normales“ Leben wie eine Superheldin meistern. Wir zeigen die ganz persönlichen Lebensläufe, sprechen über Finanzbildung und wollen Mut machen: Jede Frau ist eine Superheldin!
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