Eineinhalb Jahre Corona-Pandemie und noch kein wirkliches Ende in Sicht. Eineinhalb Jahre voller Herausforderungen, Unsicherheit und Kraftanstrengung. Ein kleiner Lebensabschnitt in dem viele Frauen sicherlich andere Pläne hatten. Reisen, Studieren, oder auch: Karriere machen. Dass besonders Frauen mit Kindern durch die Pandemie im Schnitt benachteiligt sind, zeigen zahlreiche Studien. Der nächste Karrieresprung wird zwischen Küchentisch und Kinderzimmer dadurch nicht leichter. Die Krise birgt aber auch Chancen und manche Veränderung kann gerade Müttern helfen Beruf und Familie zu vereinen.
Von Claudia Vallentin
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Die meisten Krisen sind Männerkrisen. Denn in bisherigen Wirtschaftsabschwüngen haben sie eher ihren Job verloren als Frauen. Während in vorherigen Krisen männerdominierte Branchen wie das verarbeitende oder das Baugewerbe betroffen waren, trifft es in der Corona-Pandemie Sektoren wie Gastronomie, Tourismus, Einzelhandel oder körpernahe Dienstleistungen. Hinzu kommt, dass Frauen laut Umfragen während der Schul- und Kitaschließungen einen Großteil der Sorgearbeit geleistet haben – neben ihrem Job.
Auch wenn sich die Situation augenscheinlich entspannt hat, haben die Mehrbelastung der Frauen und die Verfestigung einer traditionellen Rollenverteilung mitunter weitreichende Konsequenzen. Viele Mütter sahen sich laut UN Women Deutschland gar nicht mehr in der Lage, ihrer bezahlten Arbeit im vollen Umfang nachzugehen und reduzierten ihre Arbeitszeit. Inwieweit eine solche Vertragsänderung seitens des Arbeitgebers nach der Pandemie auch wieder zurückgenommen wird ist allerdings offen. Durch den geringeren Verdienst reduziert sich zudem der Anspruch auf eine spätere Rente, denn es wird weniger in die Kassen eingezahlt. Verstärkt wird diese finanzielle Benachteiligung durch das Ehegattensplitting. Es führt zum Beispiel dazu, dass Frauen weniger Kurzarbeitergeld erhalten, weil sich dieses am Netto des Gehalts bemisst.
Aufgrund dieser ungleichen Arbeitszeitreduzierung ist die Gender Time Gap durch die Pandemie größer geworden, vor allen Dingen für Menschen, die nicht zuhause arbeiten können. „Telearbeit schützt Frauen vor dem Arbeitsstundenverlust“, sagte die Ökonomin Michèle Tertilt in einer Diskussionsrunde der Munich Economic Debates im vergangenen März. Sie ist zumindest hoffnungsvoll, dass durch die Etablierung von Homeoffice und den Änderungen der sozialen Normen bei der Kinderbetreuung den Frauen die Chance gegeben wird, Beruf und Familie besser zu vereinen. Laut Tertilt zeigen Studien außerdem, dass Männer, die mehr Telearbeit machen, auch mehr zuhause helfen und so Frauen entlasten. Janina Kugel, ehemals Personal-Vorständin bei Siemens, bleibt bei diesem Punkt in der Diskussion skeptisch: „Wenn die Sichtbarkeit von Frauen durch mehr Flexibilität und mehr Homeoffice noch geringer wird, werden auch die Karrierechancen geringer. Wer nicht präsent und sichtbar ist, wird auch keine Karriere machen.“
Wie nachhaltig sich die Corona-Pandemie auf die Karrieren von Frauen auswirkt lässt sich nur schwer messen und eine Aussage zum jetzigen Zeitpunkt wäre verfrüht. Die Branche, das Unternehmen, das Arbeitsumfeld und die jeweiligen Erfolgskriterien spielen dabei sicherlich eine entscheidende Rolle. In der Wissenschaft beispielsweise sind Publikationen ein entscheidender Faktor auf dem Karriereweg. Erhebungen aus Deutschland und den USA zeigen aber: Vor allem Mütter leiden unter der Doppelbelastung aus Arbeitsalltag auf der einen und Kinderbetreuung und Home-Schooling auf der anderen Seite. In der Folge haben sie während der Pandemie auch weniger publiziert – zulasten ihrer Karrierechancen.
Bei der Selbstständigkeit zeichnet sich ein komplexeres Bild: Während laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) weibliche Selbstständige stärkere Einbußen hatten, hielten Frauen häufiger an Existenzgründungen fest als Männer. Generell ist die Anzahl der Existenzgründungen nach Daten der staatlichen Förderbank KfW in der Pandemie zurückgegangen, Frauen hielten allerdings besser durch und passten ihre Geschäftsidee in der Krise an.
„Corona hat zweifelsohne die weltweite Wirtschaft schwer getroffen“, sagt auch Frederike Probert, Gründerin des Netzwerks Mission Female. „Es gibt Unternehmen und ganze Wirtschaftsbranchen, die sich neu erfinden und den veränderten Bedürfnissen ihrer Zielgruppe gerecht werden mussten.“ Ihre Initiative setzt sich für gegenseitiges Empowerment von Frauen in der Wirtschaft ein. Probert sieht die Krise auch als Chance einen Neuanfang zu wagen, auch weil das neue agile Arbeiten eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit der persönlichen Weiterentwicklung ermöglichen kann. Der Schlüssel zum Erfolg: Kreativität und Flexibilität. „In diesen turbulenten Zeiten eröffnen sich neue Perspektiven für angehende, weibliche Führungskräfte mit innovativen Ideen und Konzepten. Mit Unterstützung eines großen Netzwerks, viel Flexibilität und einer gewaltigen Portion Mut können sie die Arbeitswelt von morgen maßgeblich mitgestalten.“
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