Wiebke Köhler war Strategieberaterin bei McKinsey, Managerin bei Swiss und Personalvorständin bei Axa. Jetzt hat sie ein Buch geschrieben – über Machtspiele und skrupellose Unternehmenskulturen. In Courage gibt sie acht Karriere-Tipps und erklärt, wie Frauen in der Chefetage überleben.
Von Daniela Meyer
In deutschen Unternehmen ist der Anteil von Frauen in Spitzenpositionen noch immer verschwindend gering. In den Vorstandsetagen der 160 deutschen Börsenunternehmen sitzen gerade einmal 8,8 Prozent Frauen. Wiebke Köhler war eine von ihnen. Ihren Posten als Personalvorständin des Versicherungskonzerns Axa verließ sie allerdings bereits nach weniger als einem Jahr wieder. Warum, verrät sie nicht. Aber sie schrieb ein Buch. „Schach der Dame! Was Frau (und Mann) über Machtspiele im Management wissen sollte“, heißt es.
Darin eine Sammlung von Geschichten – eine unfassbarer als die nächste. Das Erschreckende daran: Alle sind wahr, alle wurden von Managerinnen erlebt und von Wiebke Köhler zusammengetragen. So beschreibt eine Führungskraft, wie sie für die Wahl ihres Firmenwagens – sie entschied sich für einen Smart anstatt für eine dicke Limousine – in Meetings angegangen, von Kollegen gemobbt und teils übelst beleidigt wurde. Eine andere berichtet, dass man ihr kündigte, weil sie ein buntes Kleid bei der Arbeit trug. In einem weiteren Beispiel wird der Topmanagerin ihr schicker Designermantel zum Verhängnis.
Wiebke Köhler hat gelernt, in den Chefetagen zu bestehen
Im ersten Teil des Buchs erzählt die Autorin in zahlreichen Fallbeispielen von Führungsfrauen, die hintergangen, belogen und gefeuert wurden – und das, obwohl viele von ihnen nachweisbar einen super Job gemacht hatten. Sie alle fielen Machtspielen, Intrigen und veralteten, männlich geprägten Unternehmenskulturen zum Opfer. In Köhlers Geschichten haben Mitarbeiterinnen (und teils auch Mitarbeiter) Angst, zur Arbeit zu gehen, ständig Sorge, einen Fehler zu machen. Es gewinnt, wer disst und sich mit fremden Federn schmückt. Wer zu vertrauensselig, zu freundlich oder gar loyal ist, gerät schnell unter die Räder.
Die Autorin hat für die teils haarsträubenden Vorfälle eine einfach Erklärung: „Die meisten Frauen haben nie gelernt, in der Chefetage zu bestehen.“ Köhler selbst hat 23 Jahre Berufserfahrung – unter anderem als Strategieberaterin für McKinsey und Roland Berger sowie als Managerin für Swiss. Sie weiß, wovon sie spricht. „Oft sind Frauen an sachlichen und für alle Seiten fairen Lösungen interessiert und merken nicht, dass die anderen im Raum die sachliche Ebene schon lange verlassen haben“, weiß sie aus Erfahrung. So gerieten sie immer wieder unvorbereitet und unbewusst in Machtspiele hinein.
Acht Karriere-Tipps von Wiebke Köhler
Vor allem mit dem zweiten Teil ihres Buchs will Köhler Frauen helfen und sie mit dem Rüstzeug ausstatten, das sie in der Führungsetage brauchen. Hier gibt sie konkrete Tipps und zeigt – wieder an anschaulichen Beispielen –, worauf Frau im Job vorbereitet sein muss, wie sie sich vor Intrigen schützt und was sie tun kann, um Machtspiele zu gewinnen oder ihnen aus dem Weg zu gehen.
Ihr wollt wissen, wie ihr die Karriereleiter sicher erklimmen und euch an der Spitze halten könnt? Für Courage verrät Wiebke Köhler ihre wichtigsten Tipps und Tricks:
Karriere-Tipp 1: Fachlich kompetent, aber kein „fleißiges Lieschen“ sein
Die Basis zu Beginn Ihrer Karriere sind Leistung und fachliche Kompetenz. Das ist die Grundvoraussetzung, um weiterzukommen. Eignen Sie sich Fachwissen an und machen Sie den eigenen Job möglichst besser als alle anderen. Auch Fleiß ist hilfreich. Achten Sie aber darauf, dass Sie es nicht übertreiben und plötzlich als das „fleißige Lieschen“ gelten, das alle möglichen Aufgaben auch für die Kollegen erledigt.
Karriere-Tipp 2: Finden Sie Verbündete und Unterstützer
Je höher Sie auf der Karriereleiter nach oben steigen, umso mehr wird Ihr fachliches Können von Ihrer Führungskompetenz abgelöst. Es ist für Sie jetzt viel wichtiger, ein Team führen und den Kunden verstehen zu können, als besonders fleißig zu sein. Bereits auf einer mittleren Führungsebene sollten Sie sich überlegen, wie Ihre strategische Orientierung aussieht. Beginnen Sie, in Ihrem Unternehmen auch außerhalb Ihres Einflussbereichs Verbündete zu finden. Diese müssen Sie für Ihre Ideen gewinnen und zu Unterstützern machen.
Karriere-Tipp 3: Seien Sie raffiniert, aber nicht intrigant
Ganz nach oben an die Spitze kommen Sie nur, wenn es Ihnen gelingt, einen Sensor für politische Spielchen zu entwickeln. Sie müssen lernen, zwischen den Zeilen zu lesen und eine gewisse politische Raffinesse an den Tag legen. Ich meine nicht, dass Sie bösartig oder intrigant sein sollen. Es geht eher darum schlau zu taktieren und genau abzuwägen, welche Schlacht Sie wann schlagen wollen. Verbrennen Sie Ihre eigene Energie nicht, wenn von vornherein klar ist, dass Sie nicht gewinnen können oder dass Ihnen selbst ein Sieg nichts bringen wird und Sie sich dadurch stattdessen vielleicht einen mächtigen Feind einhandeln.
Karriere-Tipp 4: Produzieren Sie Leuchtturmprojekte – und zwar schnell
Sind Sie an der Spitze angekommen, ist es wichtig, sehr schnell Erfolge vorweisen zu können. Ich nenne das Leuchtturmprojekte, die für alle im Unternehmen sichtbar sind. Egal ob Kleinigkeiten oder große Durchbrüche, Hauptsache Sie können schon kurz nach Antritt Ihrer Position Erfolgsnachrichten vermelden.
Karriere-Tipp 5: Bauen Sie sich eine Hausmacht auf
Für Ihr langfristiges Überleben an der Spitze ist es enorm wichtig, dass Sie sich eine Hausmacht schaffen. Sie müssen sich so schnell wie möglich jenseits Ihrer direkten Reporting-Linie, also auch zur Rechten und Linken, über und unter Ihrem direkten Vorgesetzten, Verbündete suchen und diese an sich binden. Lernen Sie zu erkennen, wer an welcher Stelle wichtig für Sie ist und überlegen Sie genau, wie Sie diese Person dazu bekommen, Sie zu unterstützen. Es ist nicht entscheidend, dass Sie von allen gemocht werden. Aber sorgen Sie dafür, dass man Sie respektiert.
Karriere-Tipp 6: Vertrauen ist gut, aber…
In Ihrem alltäglichen Umfeld trauen Sie auch nicht jedem, oder? Dennoch sind viele (Führungs-)Frauen oft überrascht und enttäuscht, wenn sie von einem Kollegen oder gar einer Kollegin hintergangen werden, obwohl sie selbst stets mit offenem Visier unterwegs sind. Seien Sie das auch ruhig weiterhin. Spielen Sie mit offenen Karten – aber nur, wenn Sie genau wissen, wer mit am Tisch sitzt. Ein gesundes Misstrauen kann Sie in der Chefetage vor Intriganten schützen.
Karriere-Tipp 7: Sie müssen immer wissen, was gerade gespielt wird
Meiner Erfahrung nach, verstehen besonders Frauen die Spielregeln in der Führungsetage häufig nicht. Während Sie also denken, Sie sind Teil einer Schachrunde, wird in Wirklichkeit gerade Skat gespielt. Deshalb ist es entscheidend, dass Sie ein situatives Verhaltensrepertoire erlernen. Sie brauchen einen Radar, der Ihnen immer sagt, wen Sie da gerade vor sich haben. Nur so erkennen Sie, ob ein Mitarbeiter an einer inhaltlichen Lösung interessiert ist oder ob Sie einen Falschspieler vor sich haben. Stolpern Sie nie unvorbereitet oder gar unbewusst in ein Machtspiel hinein.
Karriere-Tipp 8: Trennen Sie Job und Privatleben
Vor allem, wenn Sie im Topmanagement arbeiten und oft mit politischen Entscheidungen und Machtspielen konfrontiert sind, hilft es, eine gewisse Art von Distanz zum eigenen Job zu entwickeln. Sie sollten unbedingt das persönliche vom beruflichen Ich ein Stück weit abkoppeln.
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