Adena T. Friedman, die junge Chefin der „Nasdaq“, hatte eine Idee. Ihr Vorschlag: börsennotierte Unternehmen dazu zu verpflichten, deren „Diversity“-Daten über die Verwaltungsräte offenzulegen. Bedeutet: Firmen ohne mindestens zwei diversen Direktoren müssen seit August 2021 jenen Vielfaltsmangel erklären. Wie funktioniert Friedmans Plan und ist das eine gute Idee?
Von Matthias Lauerer
3.249 Firmen sind an der elektronischen Börse „Nasdaq“ notiert, die seit 1971 existiert. Nun wurde es Zeit für eine Neuerung an der „National Association of Securities Dealers Automated Quotations“. Firmen müssen nun mindestens eine Frau und ein „diverses“ Vorstandsmitglied vorweisen und Daten zur Vielfalt in den jeweiligen Vorständen vorlegen. Kommt man dem nicht nach, droht eine Strafe. Und um den Unternehmen Zeit zu geben, die Anforderungen zu erfüllen, müssen sie ihre Daten zur Vielfalt in den Vorständen innerhalb eines Jahres nach der Genehmigung durch die US-Börsenaufsichtsbehörde „S.E.C.“ veröffentlichen. Firmen, die sich den gewünschten Informationen verweigern, droht die Einstellung der Börsennotierung, also der Rauswurf. Doch was geschieht mit den Firmen, die ihre Daten melden, jedoch die gewünschten Standards nicht erfüllen? Die erklären öffentlich, woran es hapert. Der Schritt wäre das erste Mal, dass eine große Börse mehr Offenlegung von Firmen verlangt, als es das Gesetz vorschreibt. Da stellt sich doch die spannende Frage: Könnten Börsen weltweit nicht auch ihre jeweiligen Zulassungsregeln dafür nutzen, um andere Maßnahmen wie etwa beim Klimawandel zu erzwingen? Frei nach dem Motto: Und bist Du nicht willig, so brauch´ ich Gewalt?
Kind der „Wall Street“
Es klingt nach einer kleinen Revolte, ausgelöst von einer Frau. Nur: Wer ist diese Adena T. Friedman? Laut „New York Times“ wuchs sie mit ihrem Vater auf dem Börsenparkett auf. Als sie 1993 zur „Nasdaq“ kommt, steigt sie rasch in den Rängen auf, wird zur Leiterin der Unternehmensstrategie und übernimmt schließlich vor 13 Jahren den Posten des „Chief Financial Officer“. Heute versucht sie, die Unternehmenskultur der „Nasdaq“ frischer zu gestalten und mehr Frauen die Möglichkeit zu geben, im Finanzwesen durchzustarten. Ihre eigenen Anfänge vor 29 Jahren waren da noch deutlich schwieriger. „Es gab nicht viele Frauen im Büro und ich machte einfach meine Arbeit. Als ich meine erste Beförderung bekam, war ich sogar schwanger. Mein Chef sagte nur: ´Oh, das ist in Ordnung. Du bist drei Monate weg, dann kommst du wieder´“, erinnert sie sich.
Neues Gesetz in Kalifornien
Der Schritt der US-Börse findet nicht im Vakuum statt, denn da existiert noch ein neues kalifornisches Gesetz, welches Unternehmen mit Hauptsitz in Kalifornien eine Mindestanzahl von Minderheiten in den Vorständen vorschreibt. Seit 2020 in Kraft, müssen in Kalifornien ansässige Aktiengesellschaften seitdem mindestens einen Direktor in ihren Vorständen haben, der sich beispielsweise als „Afroamerikaner, Hispanoamerikaner und Asiate“ oder sich als „schwul, lesbisch, bisexuell oder transsexuell“ identifiziert. Die weitere Planung: bis Ende 2022 sollte sich jene Zahl auf zwei Direktoren verdoppeln. Und wer sich nicht an das neue Gesetz halten wollte, musste mit einer Geldstrafe von bis 300.000 US-Dollar rechnen. Nun wurde das Gesetz unlängst von einem Richter kassiert. Es bleibt spannend zu sehen, was mit dem Gesetz nun geschieht und wie es mit der Idee der diversen Vorstände weitergeht.
Starker Anstieg 2020
Auch in Deutschland bewegt sich etwas. Laut der 2021er-Studie der „AllBright Stiftung“ ist die Zahl „der Frauen in den Vorständen der 160 börsennotierten Unternehmen in Deutschland 2020 stärker gestiegen als jemals zuvor.“ So zogen „25 Frauen neu in den Vorstand eines der börsennotierten Unternehmen Deutschlands ein“, wie es die „Personalwirtschaft“ schrieb. Doch von einer „Gleichverteilung der Geschlechter“ seien die Vorstände „noch weit entfernt.“
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