Teilzeit gilt oft noch als sicherer Weg in die Karrieresackgasse. Zu Unrecht. Wie sie gelingt, verrät Psychologin Anke Precht.
Courage: Frau Precht, der Begriff Teilzeit ist häufig negativ belegt. Warum?
Anke Precht: Lange war Teilzeit das Modell, das vor allem Frauen wählten, wenn sie für die Familie da sein wollten, gleichzeitig aber nicht ganz aus dem Arbeitsleben ausscheiden mochten. Sie verdiente etwas hinzu, während er Hauptverdiener blieb. Deshalb waren Teilzeitjobs überwiegend solche, die eine geringere Qualifikation voraussetzten. Sie gingen ein bisschen „nebenbei“, selbst wenn man mit dem Kopf eigentlich woanders war, und haben deshalb noch den faden Beigeschmack eines Jobs ohne großen Einsatz oder Engagement. Das ist natürlich schon lange nicht mehr so. Aber wir wissen: Vorurteile halten sich meist länger als die Umstände, auf die sie sich beziehen.
Was läuft falsch in deutschen Unternehmen? Oder in den Köpfen des Managements?
Viele Menschen im Management haben noch nicht verstanden, dass Teilzeit auch für Aufgaben, die eine hohe Qualifikation erfordern, ein tolles Modell ist. Einerseits, weil wir inzwischen wissen, dass Mitarbeitende beispielsweise in vier Stunden nicht nur halb so viel arbeiten wie in acht – sondern mehr. Das heißt, zwei halbe Stellen ergeben unterm Strich über 100 Prozent. Andererseits bringen zwei Menschen auf einer Stelle – oder drei Menschen auf zwei – eben auch viel mehr Kreativität ein, mehr Ideen und mehr Lösungsstrategien. Zudem sind mehrere Menschen mit bestimmten Vorgängen vertraut und können sich gegenseitig vertreten. Dazu ist es aber auch notwendig, dass Strukturen und Prozesse klar definiert sind. Ein Unternehmen profitiert so maximal von Teilzeit-Angestellten.
Wo gelingt Teilzeit besonders gut?
Sie ist für jeden Lebensabschnitt geeignet. Egal, wie alt man ist. Wir erleben heute, dass sogar Ausbildung in Teilzeit gelingen kann. Häufig wird dieses Modell von Frauen genutzt, die früh Mutter wurden und eben trotzdem eine Berufsausbildung abschließen möchten. Teilzeit klappt im Studium, in den unterschiedlichsten Jobs und auf allen Hierarchiestufen. Entscheidend für das Gelingen ist eher das Mindset der Beteiligten und die Unternehmenskultur.
Wo liegen die Fallen im Privaten?
Die wichtigsten betreffen die freien Zeiten. Wenn ich in Teilzeit gehe, muss klar sein, dass ich an den Tagen, an denen ich nicht arbeite, auch in der Regel nicht angerufen werde. Ich muss eine angemessene Menge an Aufgaben mein Eigen nennen. Es muss klar sein, wofür ich in der Verantwortung stehe und wofür nicht. Das sind Themen, die auch Vollzeitstellen betreffen, aber noch dringlicher geklärt werden müssen, wenn man nicht zu den üblichen Arbeitszeiten am Platz ist. Im Privaten, zum Beispiel in der Partnerschaft, sollte auch klar sein: Nur weil ich weniger Stunden arbeite, erledige ich nicht den kompletten Haushalt allein. Auch hier sind klare Absprachen im Voraus besser als Konflikte und enttäuschte Erwartungen im Nachhinein.
Wie stehe ich auch in Teilzeit gut da?
Wer Sorge hat, in Teilzeit aufs Abstellgleis zu geraten, sollte das klar kommunizieren – gemeinsam mit den beruflichen Zielen. Welche Aufgaben möchte ich erledigen? Wie sind meine beruflichen Ziele? Dabei reicht es nicht, nur zu sagen, was man möchte, sondern auch klarzumachen, wie man das erreichen wird. Warum es zum Beispiel gut machbar ist, die Teilzeitstelle mit Personalführung oder einer besonderen Aufgabe zu kombinieren. Dann gilt es, weiterhin Einsatz zu bringen, mit guten Ideen zu punkten und auf dem Laufenden zu bleiben.
Gibt es eine goldene Regel?
Gerade, wenn Sie mit der Teilzeitarbeit beginnen, sollten Sie mit Vorgesetzten und Kolleg:innen intensiv im Austausch bleiben. Wie sind die Erwartungen? Was davon kann erfüllt werden und was nicht? Wie kann die Zusammenarbeit verbessert, wie müssen Aufgaben vielleicht noch einmal anders verteilt werden? Kommunizieren Sie viel und klar! Bitten Sie selbst um Feedback und fragen Sie, ob Sie ebenfalls Feedback geben können. Und wenn Sie den Eindruck haben, man traut Ihnen nicht genug zu, sprechen Sie das an! Es lässt sich ändern.
Anke Prechts Workbook „Wie strick ich mir ein dickes Fell“ hilft, sich ein gutes Mindset für schwierige Situationen zuzulegen. Wie bleibt ihr robust und schlagfertig, auch wenn es Gegenwind gibt? Wenn ihr euch schlecht behandelt fühlt oder wenn ihr gerade bis zur Halskrause in Arbeit steckt? Ein Ratgeber, der Frauen darin bestärkt, ihre eigenen Wege zu gehen, unabhängig davon, ob sie in Teilzeit arbeiten oder nicht.
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