Auch wenn wir uns heute bewusst für Kinder entscheiden. Die Belastung im Alltag mit Klein- und Schulkindern nehmen wir erst wahr, wenn wir mittendrin stecken. Pflegen Familienkalender, fahren auf exakt geplanten Routen zum Reiten und Fußball oder teilen die Care-Arbeit per Excel-Sheet. Ein Wahnsinn. Wo holt man sich also Hilfe? Eine Courage-Serie, die Betreuungsmodelle und -kosten beleuchtet.
Von Michaela Stemper
Will ich, kann ich, soll ich … meine Kinder in fremde Hände geben? Die Entscheidung wird häufig von emotionalen wie finanziellen Kriterien beeinflusst. Was für die eine Familie gut passt, ist für die andere ein absolutes No-Go. Oder finanziell schlicht unmöglich. Man hat die Qual der Wahl zwischen patenten Tagesmüttern und ‑vätern für die Allerkleinsten, Babysittern, Au Pairs und der öffentlichen Betreuung in Kitas, Kindergärten und Schulen. Ein erster Überblick:
Tagesmutter nach der Elternzeit
Im Schnitt planen deutsche Mütter für 14,5 Monate Elternzeit zu nehmen. Die Zahl der Väter in Elternzeit stieg zwar 2020 auf rund 25 Prozent. Allerdings für einen Care-Zeitraum von durchschnittlich nur 3,7 Monaten. Wer in den Job zurückkehrt, muss auch den Alltag neu ausrichten. Um die eignen Ansprüche, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, suchen die meisten spätestens jetzt eine Betreuung in der Nähe. Und werden hoffentlich fündig: Denn seit 2013 haben Eltern von Kindern unter drei Jahren zwar einen gesetzlichen Anspruch auf Betreuung. Die Nachfrage nach Kitaplätzen übersteigt allerdings das Angebot. So weichen viele auf die Tagespflege aus.
Mehr als 43.000 Tagesmütter und ‑väter betreuen die Kleinsten in Deutschland. Sie sind gut ausgebildet: Mindestens 160 Stunden muss eine professionelle Tagespflegekraft vorweisen, bevor sie ihre Dienste anbieten kann. Man findet sie beispielsweise über Städte und Gemeinden oder das Jugendamt. Im besten Fall handelt es sich um eine führsorgliche wie patente Person, die die Kinder in kleinsten Gruppen bei sich zuhause betreut. Die Kosten variieren stark: es gibt Tagesmütter und ‑väter, die für drei Euro pro Stunde aufpassen. Aber auch Stundensätze von 25 Euro scheinen nicht aus der Luft gegriffen.
Mehr zu Kosten, Zuschüssen und der zeitlichen Abdeckung, gibt es im zweiten Teil unserer Serie zur Kinderbetreuung.
Für zwischendurch: der Babysitter
Das erste Gespräch mit dem Arbeitgeber, ein Behördengang oder eine große Geburtstagsfeier am Abend stehen an? Da will oder kann man den Nachwuchs nicht immer mitnehmen. Ist der andere Elternteil ebenfalls zeitlich eingebunden und die Großeltern nicht vor Ort, wird es eng. Man braucht für ein paar Stunden Betreuung. Das kann die Nachbarin von nebenan sein. Oder Schüler und Schülerinnen, die sich ein paar Euro – konkret zwischen fünf und zwölf – dazuverdienen wollen. Denn wer seine jüngeren Geschwister problemlos im Zaum hält, schafft locker ein paar Stunden Babysitting.
Bei einer regelmäßigen Kinderbetreuung durch Erwachsene erwarten Eltern etwas mehr. Die potentielle Kinderfrau sollte Erfahrung, etwa durch eine Tätigkeit im Kindergarten oder eine Au-Pair-Stelle, vorweisen können. Wünschenswert ist zum Beispiel auch ein Erste-Hilfe-Kurs für Kleinkinder. Als erste Anlaufstelle für Kinderbetreuung hat sich die Plattform betreut.de in den letzten Jahren etabliert. Tipp: Bei Kindern unter drei Jahren sollte man eine erfahrene Person einem Schüler oder einer Schülerin vorziehen.
Im dritten Teil der Serie begleiten wir die Suche nach einer Babysitterin: von der Freude über einen guten Nanny-Match, Rückschlägen und Fußfallen.
Als Teil der Familie: Au-Pairs
Mutter und Vater brauchen einfach mehr Unterstützung? Auch daheim? Dann heißt es: Willkommen in der Familie! Bis zu 30 Stunden pro Woche darf ein Au-Pair helfen. Dazu muss man bereit sein, eine noch unbekannte Person im Alter von 18 bis 27 Jahren in seinen Haushalt aufzunehmen. Denn der Au-Pair-Gedanke beruht auf Gegenseitigkeit: Einerseits hat die Familie bis zu zwölf Monate Hilfe und erfährt viel über die andere Kultur im Alltag. Andererseits möchte das Au-Pair das Gastland hautnah erleben und seine Sprachkenntnisse vertiefen.
Vor der Coronapandemie wurden rund 15.000 junge Frauen und Männer als Au-Pairs in deutsche Haushalte vermittelt. Gut die Hälfte kommt aus der EU, die andere Hälfe aus Ländern rund um den Globus. Ein Au-Pair findet man über private Kontakte oder über eine Agentur. Letzteres ist empfehlenswert, da ein neutraler Ansprechpartner zur Verfügung steht, der auch bei den Formalitäten hilft. Welche Kosten kommen auf Gasteltern zu? Neben Kost und Logis ist das ein Taschengeld von mindestens 280 Euro, eine Au-Pair-Versicherung sowie die Kosten der einer möglichen Vermittlung. Außerdem werden in der Regel ein Sprachkurs sowie ein ÖPNV-Ticket gezahlt.
Wie der „Auslandseinsatz“ gelingt, welche rechtlichen Bestimmungen gelten und was ein Au-Pair unterm Strich kostet, erläutert die Serie im vierten Teil.
Kita, Kiga und Hort
Einen Kita- oder Kiga-Platz in einer öffentlichen Einrichtung zu ergattern, gleicht vor allem in Großstädten der Teilnahme an einer Lotterie. Für einen U3 Platz werden die Kleinen durch die halbe Stadt gefahren, Bring- und Abholzeiten orientieren sich am Familienbild der 70iger Jahre. Kurzum, viele Eltern sind frustriert, haben aber keine Wahl. Dementsprechend akzeptieren sie fast jeden Preis. Je nach Bundesland und Region variieren die Betreuungskosten. Die Stadt Mainz beispielsweise erhebt keine Kindergarten-Gebühren, während Eltern in Wiesbaden ordentlich zur Kasse gebeten werden.
Ist eine private Kindertagesstätte eine Alternative? Nur bedingt, denn sie kann gut und gerne 1.500 Euro monatlich kosten. Über ein zweites Kind will man sich dann keine Gedanken mehr machen. Private Einrichtungen sind allerdings ein Joker, wenn Betreuungszeiten jenseits der 17-Uhr-Abholung notwendig sind. Hilfreich sind Betriebskitas, die vom Arbeitgeber finanziell unterstützt werden.
Auch um Hortplätze, das heißt der Betreuung nach der Schule, muss man sich rechtzeitig bemühen. Häufig wählen Eltern gerade wegen der nachschulischen Betreuung eine bestimmte Bildungseinrichtung aus.
Teil fünf der Courage-Kinderbetreuungsserie spricht Klartext über Betreuungsplätze und Kosten. Sieben Dinge, die man gerne vorher zum Thema Kita & Co. gewusst hätte.
Es muss nicht perfekt sein
Die perfekte Betreuungslösung wird es wohl nie geben. Aber jedes dieser Modelle kann den Familienalltag erleichtern. Vielleicht ist es auch eine Kombination aus mehreren helfenden Händen? Und hin und wieder sollte sich auch die hingebungsvollste Mama und der engagierteste Papa helfen lassen. Unabhängig davon, ob man nun Vollzeit-Mutter bzw. ‑Vater oder Vollzeit berufstätig ist.
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