Die Kurse steigen und du willst schnell auf den fahrenden Zug aufspringen? Oder sie fallen und du willst den Moment zum Einstieg nutzen? Super, wenn du investieren willst. Aber ein paar Voraussetzungen braucht es, damit es auch funktioniert. Hilft ja nichts, wenn du nach euphorischem Start aufgeben musst, weil die Voraussetzungen einfach (noch) nicht passen.
Von Antje Erhard
So wichtig die Geldanlage für die eigene Zukunft auch ist – es gibt durchaus Gründe, warum und wann du (noch) nicht investieren solltest. Aber die lassen sich schnell beheben…
Margarethe Honisch alias Fortunalista, Bloggerin und Finanzcouch, die 2017 das Unternehmen Fortunalista gegründet hat, um Frauen den Weg zu Finanzwissen zu ebnen, sagt, dass du zum einen „über ausreichend Wissen verfügen solltest“. Wichtige Fragen, die man beantworten können muss, sind zum Beispiel: ‚Wie entstehen Aktienkurse?’, ‚ Was wirkt sich darauf aus?’, ‚Wie senke ich mein Risiko?’, ‚Wie wähle ich Aktien oder ETFs aus?’“ Das sei grundlegendes Basiswissen. „Wenn ich das noch nicht habe, dann lieber erst einmal in die eigene Bildung investieren“, rät Margarethe Honisch.
Darüber hinaus findet sie den eigenen Notgroschen unerlässlich: „Wer sein gesamtes Geld in Aktien steckt, ohne Rücklagen zu haben, lebt extrem riskant.“ Doch damit nicht genug: Die erfahrene Börsenexpertin weiß, wie wichtig auch die Selbsteinschätzung ist. Dazu gehöre das eigene Risikoprofil: „Wenn ich tatsächlich zu ängstlich bin, um an der Börse zu investieren, dann lieber auf andere Investitionsmöglichkeiten ausweichen. Am Ende des Tages sollen mir meine Investments eine sichere Zukunft und keine schlaflosen Nächte bereiten.“
Margarethe Honisch: Wissen aufbauen und dann anfangen
Margarethe Honisch investiert selbst seit mehr als zehn Jahren an den Börsen. Am Anfang stand die Information, das Wissen – so wie sie es auch in ihren Seminaren und Coachings rät:
„Ich habe mich über Bücher und Seminare informiert und dann einfach losgelegt.“ Zunächst habe sie mit einem ETF, später auch in Einzelaktien investiert. Ihr Tipp gerade an Frauen: „Grundlegendes Wissen aufbauen, aber dann auch zeitnah mit der Umsetzung starten. Durch die Theorie allein kann ich mich nicht absichern. Meiner Meinung nach lernt man ein Drittel in der Theorie und zwei Drittel dann in der Praxis. Also nur Mut!“
Courage-online.de hat die wichtigsten Punkte für dich zusammengefasst, damit es mit dem Investieren klappt – wenn nicht gleich, dann später:
Punkt 1: Keine Übersicht
Zunächst brauchst du eine Übersicht über deine finanzielle Situation: Was nimmst du monatlich ein, was geht monatlich raus? Das siehst du schnell, wenn du die Kontoauszüge der vergangenen Monate checkst oder eine Zeitlang ein Haushaltsbuch / eine Haushalts-App führst. Dann sind unnötige Kostenfresser schnell identifiziert und ausgemistet.
Punkt 2: Kein Budget
Du hast noch kein Budget, das du monatlich investieren möchtest oder kannst? Die Kostenfresser aus Punkt 1 sind die perfekte Gelegenheit, sie langfristig in klingende Münze umzusetzen. Und Kleinvieh macht auch Mist: Schon 25 Euro zahlen sich langfristig an der Börse aus. Bei 5 Prozent Rendite über 20 Jahre Investment erhältst du am Ende vor Steuern 10.319 Euro.
Grundsätzlich kann eine Aufteilung der Einnahmen nach 50–30-20-Regel helfen: 50 Prozent der Einnahmen für alle Fixkosten, 30 Prozent für Freizeit und Spaß und 20 Prozent für die Geldanlage bzw. Vorsorge. Wenn du das nicht schaffst, weniger ist besser als gar nichts. Je nach Lebensphase ändert sich unser Einkommen stark. Du kannst von jeder Gehaltserhöhung oder Steuererstattung etwas investieren. Einige schaffen vielleicht eine Aufteilung 50–25-25. Oder 50–20-30. Aber das muss jede:r für sich herausfinden. Das Wichtigste ist die konsequente Umsetzung: Schon am Monatsanfang sollte das Geld automatisch verteilt werden.
Punkt 3: Kapital aber keine Ahnung.
Du hast das Geld, aber du weißt nicht, was du damit machen sollst? Börse ist wirklich nicht schwer. Aber ohne Strategie und etwas Wissen geht nichts. Verschaff dir einen ersten Überblick, ein erstes Basiswissen, wie Margarethe Honisch schon erklärt hat. Und kenne deine Möglichkeiten und Grenzen: Welcher Typ Anlegerin bist du: Sehr vorsichtig, konservativ, ertragsorientiert oder risikoaffin? Danach richten sich die Anlageformen, in die du investieren kannst bzw. solltest.
Welche Anlageformen gibt es – welche passen hinsichtlich Chancen und Risiken zu dir?
Wer noch nicht gleich mit Aktien loslegen kann und möchte, kann zunächst breiter in Fonds oder ETFs investieren. Wichtig ist die Verteilung des Kapitals auf mehrere Anlagen, um das Risiko zu verteilen.
Wie lange willst du investieren, welche Länder, Regionen, Branchen kommen in Frage? Unterschiedliche Anlageklassen, Länder, Regionen, Branchen bergen unterschiedliche Möglichkeiten und unterschiedliche Risiken. Du musst wissen, wo du investierst. Ein langfristig global anlegender ETF oder Fonds wie ein MSCI All Country, MSCI World oder S&P 500 ist ein guter Anfang für den Vermögensaufbau. Dagegen erhöht sich aber das Risiko, wenn ein Produkt nicht breit genug aufgestellt ist, wenn es etwa in ein Land oder eine Branche investiert.
Welche Renditen erwartest du, welche Risiken kannst du aushalten? Setz dir realistische Ziele. Fünf Prozent Rendite mit einem ETF Jahr für Jahr sind besser als einmal ein Lucky Punch vor lauter Anfängerglück und dann nur Verluste…
Punkt 4: Keine Rücklagen
Du brauchst einen Notgroschen. Und der ist nicht in deinem Depot, sondern auf einem eigenen Tagesgeldkonto. Damit bist du für Eventualitäten gerüstet. Entscheide selbst realistisch, wie viel das sein soll. Und: never touch the Notgroschen.
Punkt 5: Schulden
Da gehen die Meinungen auseinander: Viele sagen: Zahle erst deine Schulden zurück und investiere dann. Ich bin da anderer Meinung. Ich finde es sinnvoller, parallel zum Schuldenabbau schon Kapital aufzubauen, um nicht „danach“ bei Null anzufangen. Und wenn die Schulden getilgt sind, kannst du ja mit dem freigewordenen Kapital weiter investieren. Dann hast du auch schon etwas Erfahrung und siehst wie der Hase bzw. die Börse läuft. In einem sind sich aber alle einig: Keine Schulden für die Börse: Investiere nie geliehenes Kapital.
Punkt 6: Zeitraum
Die Börse funktioniert langfristig, ab zehn Jahren. Wenn du dein Kapital in zwei, drei Jahren wieder benötigst, macht Börse keinen Sinn: Denn stell dir vor, gerade dann fallen die Märkte oder crashen sogar. Wenn du genau dann das Kapital brauchst, musst du unter Umständen mit Verlust verkaufen. Und wer will das schon.
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