Sarah Landis ist 32 Jahre alt und die Inhaberin eines französischen Concept Stores in Recklinghausen. Wie geht es ihr damit? Der zweiundzwanzigste Teil der courage-online.de Serie „Superheldinnen“.
Von Matthias Lauerer
„Ich studierte in einem internationalen Studiengang Geschichte in Bochum. Doch als ich fertig war, stellte ich fest, dass ich keine Lehrerin werden wollte. Mir schwebte stattdessen vor, mit den Händen zu arbeiten und so Geld zu verdienen. Ich bin zwar nicht so gut mit Zahlen, aber selbstständig zu sein, die eigene Kreativität einzubringen und selbst entscheiden, gefällt und liegt mir sehr“, sagt Sarah Landis. Aus ihr sprudeln die Worte im Interview nur so hervor. Deutsch spricht sie perfekt mit einem Hauch von Akzent. „Ich stamme aus Frankreich und meine Mutter ist Deutsche“, sagt sie. Doch die deutsche Sprache erlernt sie erst bei den Großeltern.
Ausgebuchte Weinverkostungen
Heute betreibt die junge Frau einen französischen „Concept Store“ namens „AMA“ in NRW. „AMA“ bedeutet im Dialekt ihrer Heimat „lieben“. Landis startete ihren Laden im August 2021. Im Angebot: Feinkost, Deko- und Lifestyleartikel und Wein. Wichtig ist ihr, dass alle Produkte aus Frankreich stammen, zudem nachhaltig sind und aus kleinen Manufakturen kommen. „Der soziale Aspekt ist mir wichtig und ich finde es großartig, mit Frauen zu arbeiten“, sagt sie im Gespräch. Über „Ama“ bietet sie auch Weinproben an. Was Landis erstaunt: „Die Weinproben sind alle ausgebucht.“ Auch die Akzeptanz der französischen Weine kam überraschend. „Ich dachte, die sind nicht sehr beliebt.“ Die passenden Fachkenntnisse im Metier brachte sie sich selbst bei.

Sarah Landis, Quelle: AMA Concept Store
Einfall im Urlaub
Die Geschäftsidee kam ihr spontan bei einem Frankreichurlaub. „Ich bin manchmal ein impulsiver Mensch und als der Touristguide, der mein Vater ist, uns mit zu einer Weinprobe nimmt, war es um mich geschehen. Denn es war Hochsommer und wir tranken Wein mit Blick auf das Meer, einfach total schön und so dachte ich bei mir: ´das ist mein Leben´.“
Selbstständig oder fest angestellt
In ihrer persönlichen Umgebung ist sie die einzige Frau, die selbstständig arbeitet. „In meiner Generation sagen alle: ´Du bist so mutig, dies verdient meinen Respekt´, aber keiner wagt so etwas wie ich.“ Und weiter: „Mein persönlicher Graus: Menschen gehen in Rente, bekommen nach zwei Jahren Krebs und sterben. Wenn du alles auf morgen schiebst, ist es zu spät. Ich lebe kein Okay-Leben, jetzt ist der Moment. Ich verzichte auf Schlaf und Urlaub, führe tolle Gespräch und mache feine Erfahrungen. Mir steht die Welt offen, denn ich habe Macht und bin nicht machtlos.“
Fehlende Vermittlung
Was sie im Nachhinein ein wenig ärgert, ist die fehlende Bildung beim Thema Finanzen. „Leider habe ich nie etwas über Finanzen gelernt und dies bereut.
Die Schule bildet dich aus, um ein guter Mitarbeiter oder ein guter Bürger zu sein und nicht, um sein Leben selbst in die Hand zu nehmen.“ Über ihren bisherigen Lebensweg sagt sie: „Ich habe viel ausprobiert, weil ich nie das Richtige fand. Mein Vater ist Theaterschauspieler und er wuchs in einer Pariser Kommunistengemeinschaft auf. Mein Papa zog mich genauso auf, wie meinen Bruder. Papas Credo lautete: ´Greif nach den Sternen und sei die Beste.´ Man probiert sich aus und weiß, ich kann an Geld kommen, wenn das nicht klappt. Ich genieße ein Privileg und war sehr gut in der Schule. Frankreich ist ein toller Sozialstaat, doch ohne staatliche Unterstützung hätte ich sicher nie studiert.“
„Es läuft gut“
Über das Thema Finanzen sagt sie weiter: „Ich habe für den Laden einen Kredit aufgenommen, doch es läuft. Meine Zahlen sind gut und es schauen viele ´Wiederholungstäter´ vorbei und langsam mache ich mir einen Namen in der Stadt.“ Denkt sie auch ab und an die Heimat? „Ich liebe Deutschland und will nicht zurück nach Frankreich.“
Wein vom Winzer
Fragt man sie über ihr Leben in fünf oder zehn Jahren, lacht Landis und sagt: „In der Zukunft? Ich bin nicht gut darin, in die Zukunft zu blicken, würde jedoch gerne auch Gastronomie im Geschäft anbieten. Kaffee, Croissants, Quiche wären dann im Angebot. Ich will mich zudem gerne vergrößern und hätte gerne Angestellte. Mein Traum: Den Wein direkt von den Weingütern zu kaufen.“
In der courage-online.de-Serie „Superheldinnen“ stellen wir regelmäßig Frauen vor, die ihr augenscheinlich „ganz normales“ Leben wie eine Superheldin meistern. Wir zeigen die ganz persönlichen Lebensläufe, sprechen über Finanzbildung und wollen Mut machen: Jede Frau ist eine Superheldin!
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