Amira Alfruh stammt aus Syrien und lebt heute im Ruhrgebiet. Wie gelang ihr der Einstieg in einem Staat, der doch gut 2.900 Kilometer von der alten Heimat entfernt liegt? Der letzte Teil der courage-online.de Serie „Superheldinnen“.
Von Matthias Lauerer
In Amira Alfruhs Namen steckt eine Alliteration. Die steht in jenem Falle für eine gut gelungene Integration einer Frau, die nie nach Deutschland kommen wollte, wenn man es so sagen will. Doch sie flieht im Oktober 2014 dennoch aus Syrien nach Deutschland – lange bevor sich später im Sommer 2015 Zehntausende Menschen über die Türkei und Bulgarien auf den Weg machen, auf einen langen Marsch, der ihnen Sicherheit geben soll vor den Bomben, dem Terror und den massiven Übergriffen des Assad-Regimes.

Amira Alfruh, ©Maya Möcking
Mord und Totschlag
Jenes Land regiert seit Jahrzehnten ein Familienclan. So ließ bereits Präsident Assads Vater die Stadt Hama 1982 angreifen und das Militär zerstörte weite Teile davon, Tausende Menschen starben bei Massakern. Dann begann 2011 in Tunesien der so titulierte „Arabische Frühling“, der auch in Syrien zu vielen Unruhen führte und sich später zum brutalen Proxy-Bürgerkrieg auswuchs. Wer möchte unter solchen Umständen mit seinen Lieben leben und sich ein Heim aufbauen? Geheiratet hat Amira 2012 und „im April 2013 kam das Militär in die Stadt und tötete 100 Menschen“, wie sie es schildert. „Das war wirklich sehr traurig. Häuser wurden verbrannt und das ohne Grund. Es ging nur darum, die Kontrolle über jene Stadtteile wieder zurückzugewinnen, bei denen das Militär dachte, dass sie diese dort verloren hätte.“ Danach entschlossen sich die Alfruhs zur Flucht.
Blitzschnelles Ankommen
Als Amira in Deutschland ankommt, spricht sie kein Deutsch. Aber sie besitzt sehr gute englische Sprachkenntnisse, da sie in Syrien als Übersetzerin arbeitete und aus einer wohlsituierten Familie stammt. Ihre erste Arbeit führt sie zum Websuchdienst für Hotels „Trivago“. Dort arbeitet sie von November 2015 bis zum Dezember 2016. Später landet sie beim „DRK Gelsenkirchen“, wo sie bis zum August 2019 bleibt. Ihre Arbeit dort: Sie hilft Geflüchteten als Integrationshelferin, sorgt dafür, dass die sich gut in der Bundesrepublik integrieren und sich im 83 Millionen Einwohner Staat zurechtfinden.
Arbeit als Lehrerin
Doch das reicht ihr nicht und sie startet als Lehrerin an der „Bonifatiusschule Dorsten“ durch. Dort wirkt sie seit Sommer 2019, genauer gesagt seit August. Zwischendurch findet sie noch die Zeit und Muße, zwei Töchtern das Leben zu schenken. Die werden als Maria im Februar 2014 und Leila im September 2017 geboren. Ihr Mann arbeitet zwei Jahre bei der „Deutschen Post“ und bekommt danach keinen unbefristeten Arbeitsvertrag. Heute schafft er als Integrationskraft an einer Schule. „Wir bezahlen alles zusammen“, sagt Alfruh. Ihr Fazit: „Hier in Deutschland kann man sehr schön leben und wir haben heute deutlich mehr Geld als früher in Syrien“, sagt sie. Sicher, über eine Firma in Dubai erwirtschaftete man in Syrien Geld aus Übersetzungsarbeit. „Wir profitierten davon, dass uns dieses Unternehmen in ihrer Währung bezahlte. Und die war viel stärker als die syrische Lira.“ Amira habe sich nun, „nach nur drei Jahren Festanstellung“ – wie sie es sagt – ein eigenes Auto kaufen können, was „in Syrien undenkbar“ gewesen wäre.
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