Fast jede zweite Gründerin macht sich im Nebenerwerb selbstständig. Das Modell hat zwar einige Vorteile, birgt aber auch Risiken. Courage-online.de erklärt, worauf Frauen achten müssen, die sich nebenberuflich selbstständig machen.
Von Gisela Haberer
Die berufliche Selbstständigkeit ermöglicht vielen Frauen erstmals einen „maßgeschneiderten Arbeitsplatz“, beobachten Gründungsberaterinnen der staatlichen Förderbank KfW. Viele sehen sich dadurch endlich in der Lage, ihre vielfältigen Aufgaben als Mutter, Partnerin, Hausfrau und Unternehmerin unter einen Hut zu bringen. Vor allem, wenn die Selbständigkeit sozusagen in Teilzeit ausgeübt wird. Ist es wirklich so einfach? Die KfW, die das Gründungsgeschehen in Deutschland regelmäßig analysiert, sieht tatsächlich einige Pluspunkte für Selbstständigkeit im Nebenerwerb.
Testlauf
Trägt die Geschäftsidee? Lässt sich damit ausreichend Geld verdienen? Bin ich überhaupt der Typ, um selbstständig arbeiten? Diese Fragen lassen sich vorab kaum mit Sicherheit beantworten. Durch eine „Teilzeit-Selbstständigkeit“ lässt sich das austesten. Für diesen Weg entscheiden sich laut KfW Jahr für Jahr rund eine halbe Million Menschen.
Geringeres Risiko
Klein anzufangen, kann Vorteile haben. Denn dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sich nötige Investitionen selbst finanzieren lassen. Damit bleiben Gründerinnen unabhängig von Banken. Das finanzielle Risiko hält sich dann besonders in Grenzen, wenn die Gründung im Nebenerwerb eigene Einkünfte aus dem Hauptberuf abfedern. Lässt sich das eigene Geschäft alleine managen, bleiben auch Kosten, Verantwortung und Verpflichtungen erspart, die eine Anstellung von Arbeitskräften mit sich bringt.
Geringerer Zeiteinsatz
Nach Beobachtung der KfW entscheiden sich vor allem Mütter für eine „Teilzeit-Selbständigkeit“ neben ihrer Familienarbeit. Doch Vorsicht: Nicht umsonst gibt es das „Bonmot“: „Selbstständige sind immer selbst und ständig tätig.“ Dasselbe gilt häufig auch für Mütter. Schreit das Baby, kann sie nicht sagen: „Sorry, du bist jetzt nicht an der Reihe.“ Lässt sich die Verfügbarkeit für Familie und für Beruf weder ab- noch begrenzen, kann der scheinbar „maßgeschneiderte“ Arbeitsplatz auch zur kompletten Überforderung und zum Burnout führen.
Absprung wagen
Gründerinnen, die ihren Unterhalt eines Tages komplett selbstständig verdienen wollen, dürfen den Absprung aus der Teilzeit nicht verpassen. Denn solange nur ein Teil der Energie ins Geschäft fließt, ist es oft auch nur begrenzt erfolgreich. Wer zu lange zu vorsichtig bleibt, stellt eventuell dem eigenen Erfolg ein Bein.
Rechtliche Vorgaben
Auch eine Gründung im Nebenerwerb geschieht nicht im rechtsfreien Raum. Die selbstständige Tätigkeit mag zwar „nur“ in Teilzeit ausgeübt werden. Doch arbeits- und (sozial)rechtliche sowie steuerliche Vorgaben müssen trotzdem zu hundert Prozent beachtet und erfüllt werden.
Arbeitszeit
Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmerinnen mehreren Tätigkeiten nachgehen. Doch darf pro Woche in Hauptberuf und Nebenjob insgesamt nicht mehr als 48 Stunden gearbeitet werden, so legt es das Arbeitszeitgesetz fest. Die meisten Arbeitsverträge schreiben außerdem vor, dass der Chef oder die Chefin der Nebentätigkeit vorab genehmigen muss. Die Zustimmung darf jedoch verweigert werden, wenn Angestellte sich zum Beispiel in derselben Branche nebenberuflich selbständig machen wollen. Machen sich Festangestellte ungenehmigt nebenberuflich selbstständig, riskieren sie ihre Kündigung.
Urlaubszeit
Urlaub ist zur Erholung da. Urlaubstage, die der Hauptarbeitgeber bezahlt, dürfen also nicht für nebenberufliche selbstständige Tätigkeit missbraucht werden. Dafür kann aber unbezahlter Urlaub genommen werden. Chef oder Chefin können Festangestellten freigeben, damit sie ihr ein eigenes Büro für ihre genehmigte nebenberufliche Selbständigkeit einrichten können und erste Kundenkontakte aufbauen. Darauf weist die Verbraucherzentrale in ihrem Ratgeber „Nebenberuflich selbständig“ hin.
Freiberuflich selbstständig
Viele Tätigkeiten lassen sich freiberuflich ausüben, etwa beratende oder künstlerische Berufe. Freiberufler:innen erbringen eine Dienstleistung auf eigene Verantwortung. Sie müssen kein Gewerbe anmelden, zahlen keine Gewerbesteuer und werden nicht Mitglied in einer Industrie- und Handelskammer. Einige freie Berufe sind jedoch sogenannte Kammerberufe, darunter juristische und medizinische. Sie bedürfen dann einer Zulassung ihrer Kammer. Das Institut für Freie Berufe berät Gründerinnen in Gruppen und einzeln.
Gewerblich selbstständig
Wer nebenberuflich ein Gewerbe betreibt, zum Beispiel gewinnorientiert mit Waren handelt, muss dies beim Gewerbeamt seiner Kommune anmelden. Die Kommunalverwaltung leitet die Anmeldung dann an Finanzamt, Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und weitere Behörden weiter. Nebenerwerbs-Selbständige, die nur niedrige Umsätze und Gewinne erwarten, können sich bei ihrer Industrie- und Handelskammer vor Ort nach Vergünstigungen erkundigen, etwa beim Mitgliedsbeitrag sowie bei der Gewerbesteuer.
Handwerklich selbstständig
Die Handwerksordnung legt fest, mit welcher Qualifikation Handwerker:innen selbständig arbeiten dürfen. In der Anlage A dieser Ordnung sind die Berufe aufgeführt, bei denen dafür der Meisterbrief vorausgesetzt wird, in Anlage B alle anderen. Die Verbraucherzentrale nennt zur Orientierung die Faustregel: „Was Heimwerker:innen selbst machen dürfen, kann auch ohne Meisterbrief als handwerkliche Dienstleistung angeboten werden.“ Wo Fehler lebensgefährlich werden können, wie bei Elektro- oder Gasinstallationen, im Heizungs- oder Gerüstbau gilt dagegen die Meisterpflicht. Details nennen Handwerkskammern und Innungen.
Steuer
Bei Selbstständigen können Umsatz‑, Einkommen- und Gewerbesteuer anfallen. Frauen, die gründen wollen, sollten sich daher vorab beraten lassen: steuerlich, aber auch juristisch. Denn schon die Wahl der Geschäftsform – zum Beispiel Einzelunternehmerin, Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung – hat Folgen für Steuer und Buchführung.
Sozialversicherung
Frauen, die über ihren Hauptberuf bereits gesetzlich krankenversichert sind, müssen von ihren nebenberuflichen Einkünften keine Beiträge abführen. Voraussetzung: Ihre Selbständigkeit ist wirklich nebenberuflich. Das bedeutet zum Beispiel, die Wochenarbeitszeit liegt unter 18 Stunden und die Einnahmen sind ein Extra.
Nebenberuflich Selbständige sind nur in Ausnahmefällen verpflichtet, sich gesetzlich rentenzuversichern. Zu den Ausnahmen zählen künstlerisch und journalistisch Tätige. Ab einem gewissen Einkommen werden sie Mitglied der Künstlersozialkasse (KSK), über die sie dann sozialversichert sind. Diese Pflicht bringt eine große Erleichterung mit sich: Die KSK übernimmt die Arbeitgeberanteile für sie.
Absicherung
Nebenberuflich Selbstständige können sich auf freiwilliger Basis über die zuständige Berufsgenossenschaft gegen die Folgen von Arbeitsunfällen absichern. Eventuell brauchen Selbstständige eine private Berufs- oder Betriebshaftpflicht-Versicherung, teils auch eine Vermögensschadenshaftpflicht, um sich gegen beruflich verursachte Haftungsansprüche abzusichern. Bei geringen Umsätzen und bestimmten Tätigkeiten kann auch eine private Haftpflichtversicherung genügen. Bevor Frauen nebenberuflich selbstständig werden, gilt es also eine Reihe von Fragen zu klären. Sprich: Teilzeit-Selbstständige sollten sich vorab so umfassend beraten lassen wie jede andere Gründerin auch.
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