Die Elternzeit ist vorbei und die frischgebackenen Eltern kehren in den Job zurück. Nicht wenige machen in dieser Zeit negative Erfahrungen. Das muss nicht sein. Wir haben mit Finanz- und Karriereexpertin Susan Moldenhauer darüber gesprochen, wie man nach der Elternzeit nicht ins Karriereloch fällt und worauf es beim Gespräch mit dem Arbeitgeber ankommt.
Von Isabell Angele
courage-online.de: Viele berufstätige Eltern fallen nach der Elternzeit in ein Karriereloch. Kann man das mit der richtigen Vorbereitung verhindern?
Susan J. Moldenhauer: Absolut. Dafür ist es wichtig, dass sich Eltern mit Kind frühzeitig Gedanken darüber machen, was sie beruflich erreichen möchten. Aber genau davor scheuen sich sehr viele werdende Eltern, gerade bei (werdenden) Müttern kann ich das häufig beobachten. Sie sind zwar top organisiert, was ihre Familie angeht, aber schieben Beruf und Karriere gedanklich weit weg. Wenn sie dann in den Beruf zurückkehren, ist die Ernüchterung häufig groß.
Wie können sie dem entgegenwirken?
Sie müssen sich vorab über einige Punkte klar werden: Wie lange möchte ich bei meinem Kind zuhause bleiben? Was will ich danach? Welche Optionen habe ich? Und wenn sie das wissen, sollten sie gezielt auf ihren Arbeitgeber zugehen und offen mit ihm sprechen – im Idealfall noch bevor die Elternzeit beantragt wird. Bei diesem Gespräch haben die werdenden Eltern die Möglichkeit, ihre Ziele zu kommunizieren und ihre Möglichkeiten abzuklopfen. Gibt es beispielsweise die Option des Job-Sharings? Kann ich flexibel arbeiten? Welche Aufstiegsmöglichkeiten habe ich und wie lassen sich diese Ziele realisieren? Es ist sehr wichtig, seine Wünsche offensiv anzusprechen und manches auch einzufordern. Aber man sollte den Arbeitgeber auch immer mit einbeziehen. Beispielsweise könnte man bei einer Aufstiegsoption eine Art Probezeit vereinbaren.
Wie geht man so ein Gespräch am besten an?
Viele denken, dass sie als Eltern keine Aufstiegschancen mehr haben. Am wichtigsten ist es deshalb, die eigenen Ängste und Zweifel beiseitezuschieben. Dabei hilft es, sich die Frage zu stellen, was man schon alles geleistet hat und noch leisten möchte. Hierfür kann beispielsweise eine Erfolgsmappe hilfreich sein, in der die abgeschlossenen Projekte, eigene Erfolge, aber auch Erkenntnisse und Lernerfolge aus besonderen Herausforderungen gesammelt werden. Im Gespräch kann man diese Punkte anführen und erklären, dass man daran nach der Elternzeit wieder anknüpfen möchte. Gute Vorbereitung ist für das Gespräch also wichtig – und auch Offenheit. Schließlich kann es durchaus sein, dass der Arbeitgeber auch Bedenken äußert.
Welche Bedenken können das sein und wie reagiert man darauf am besten?
Das kommt sehr auf den individuellen Fall an und ist eine Frage der generellen Führungskultur im Unternehmen. In manchen Unternehmen ist schon das flexible Arbeiten ein Problem. Eine Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigt beispielsweise, dass 41 Prozent der Eltern schon Diskriminierungserfahrungen am Arbeitsplatz aufgrund ihrer Elternschaft erlebt haben. Ihnen wurden teils Verantwortlichkeiten entzogen, weniger anspruchsvolle Aufgaben zugeteilt oder gar Aufstiegsmöglichkeiten verbaut. In solchen Fällen sollte die Situation genau evaluiert werden. Manchmal lassen die Arbeitgeber mit sich reden, aber manchmal sollte man sich auch überlegen, ob die Firma überhaupt noch zu einem passt und sich im Zweifel nach anderen Jobmöglichkeiten umsehen. Prinzipiell schadet es daher nie, während der Elternzeit fachlich am Ball zu bleiben.
Wie meinen Sie das?
Gute Kontakte zu Kollegen helfen, um regelmäßig Updates zu erhalten, etwa was laufende Projekte angeht. Man kann auch auf LinkedIn oder vergleichbaren Netzwerken relevanten Kollegen folgen und deren Branchennews im Blick behalten. Diese Beispiele zeigen übrigens, wie wichtig es ist, sich ein berufliches Netzwerk aufzubauen. Das kann in der Elternzeit extrem hilfreich sein. Zusätzlich ist es eine Option, sich über die Medien oder Studien auf dem Laufenden zu halten. Das macht es nach der Elternzeit leichter, wieder in den Beruf zurückzufinden. Eltern sollten sich aber auch nicht zu viel Druck machen. Schließlich ist diese Phase der Elternzeit ein ganz neuer Lebensabschnitt, für den sich viele Eltern ganz bewusst Zeit nehmen möchten.
Worauf kommt es an, wenn schließlich das Ende der Elternzeit naht?
In dieser Phase ist es ratsam, sich an die Planung des Alltags mit Kind und Arbeit zu setzen. Eine Option sind beispielsweise Elternnetzwerke: Vielleicht gibt es in der Nähe andere Eltern, mit denen man sich für eine Fahrgemeinschaft zusammentun kann. Oder auch Großeltern und Freunde, die bei Gelegenheit einspringen können. Vor allem Alleinerziehenden ist zu raten, sich in Netzwerken Unterstützung zu holen. Es hilft und tut gut zu wissen, dass man nicht der oder die Einzige in so einer Situation ist. Ganz wichtig ist, dass man auch Hilfe annimmt. Es ist schließlich nicht so, dass man nur gemütlich mit dem Kind zuhause sitzt. Der Alltag mit Kind kann sehr fordernd sein und wenn der Beruf wieder dazu kommt, ist das eine völlig neue Situation. Hier sollte übrigens auch immer die Partnerin oder der Partner ins Boot geholt werden, sofern beide Eltern zusammenleben oder sich das Sorgerecht teilen. Das Kind hat man schließlich gemeinsam, daher sollten auch wichtige Aufgaben, wie die Erziehung, die Aufteilung des Haushalts und finanzielle Fragen gemeinsam geklärt werden. Überdies haben auch die zuhause bleibenden Eltern noch eigene Ziele, die sie weiterverfolgen möchten. Es hilft, sich deshalb raus aus der Opferrolle und rein ins aktive Mitgestalten zu begeben.
Die Kinderbetreuung ist organisiert, die Aufgaben im Alltag sind fair aufgeteilt und die Rückkehr in den Beruf steht an. Was ist jetzt wichtig?
Am wichtigsten ist es, dem Arbeitgeber zu zeigen, dass man wieder da und einsatzbereit ist. Hier bietet es sich an, ein Gespräch mit dem Chef oder der Chefin zu suchen. Dabei können die wichtigsten Themen besprochen werden: Was ist neu? Sind meine Aufgaben noch dieselben, oder haben sie sich geändert? Wo möchte ich mich hinentwickeln? Auf diese Weise kann signalisiert werden, dass man weiterhin voll dabei ist und sich einbringen möchte.
Über die Gespräche hinaus: Gibt es auch Punkte, die man mit seiner Rückkehr in den Beruf vertraglich festhalten sollte?
Ja. Es macht beispielsweise immer Sinn, Zielvereinbarungen schriftlich festzuhalten. Auch Punkte wie Jobsharing oder eine Probezeit für eine neue Position sollten schriftlich als Zusatz zum Arbeitsvertrag fixiert werden. Für ein neues Arbeitsmodell, wie eine Vier-Tage-Woche, flexible Arbeitszeiten oder die Arbeit vom Homeoffice gilt das ebenfalls.
Und wenn man den Zeitpunkt verpasst hat, die Rückkehr in den Job strategisch vorzubereiten: Welche Möglichkeiten gibt es noch, um Diskriminierungserfahrungen vorzubeugen?
In diesem Fall können Eltern dem Arbeitgeber in einem Gespräch darlegen, dass sie sich während der Elternzeit ganz gezielt aus dem Beruf rausgenommen haben, jetzt aber wieder zurück und willens sind, neue Aufgaben anzupacken. Im Idealfall legt der Berufsrückkehrer oder die Rückkehrerin auch direkt Ziele vor, die er oder sie erreichen möchte. Das zeigt – auch wenn das Thema vor der Elternzeit noch nicht angesprochen wurde – Verlässlichkeit. Außerdem dürfen die Fähigkeiten, die als Mutter oder Vater in der Elternzeit erworben wurden, proaktiv angesprochen werden. Dazu zählt etwa Organisationstalent, Konfliktfähigkeit, Durchsetzungsvermögen und die Übernahme von Verantwortung. Das sind wichtige soziale Kompetenzen, die im Job nützlich sind. Es hilft, offensiv mit der eigenen Elternschaft umzugehen. Eltern erreichen und erlernen in dieser Zeit so viel und diese Haltung können und sollten sie auch einnehmen.
Über Susan J. Moldenhauer
Mehr als 20 Jahre ist Karriere- und Finanzcoach Susan J. Moldenhauer bereits in der Finanzbranche tätig. Erfahrungen sammelte sie dabei im Vertrieb sowie im Recruiting, Training und in der Führung von Mitarbeitern. Im März 2022 ist ihr Buch „Kenne Deinen Wert!“ im Verlag Eden Books erschienen. Der Ratgeber soll Frauen darin bestärken, mit fundierter Vorbereitung und sicherer Haltung in die nächste Gehaltsverhandlung zu gehen.
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