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Kann ich mein Stiefkind adoptieren?

In manchen Fällen macht es Sinn, das Stiefkind zu adoptieren
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Patchworkfamilien sind heute gelebte Normalität. Rechtlich stehen Stiefeltern und ‑kinder jedoch in keiner Eltern-Kind-Beziehung. Das kann Nachteile bei Erbschaften, Schenkungen oder Sorgerecht haben. Wer das ändern möchte, kann sein Stiefkind adoptieren. 

Von Ines Baur

Im Jahr 2021 wurden in Deutschland laut Statistischem Bundesamt rund 3.840 Kinder adoptiert. Zwei Drittel davon von ihren Stiefvätern oder ‑müttern. Bei der sogenannten Stiefkindadoption nimmt der Stiefelternteil das Stiefkind an. Eine Adoption ist immer eine verantwortungsvolle Angelegenheit. Weder geht das mal eben. Noch sollte sie aus einer Laune heraus stattfinden.  

Welche Voraussetzungen gibt es bei der Stiefkindadoption? 

„An erster Stelle steht das Wohl des Kindes“, erklärt Petra Riedel. Sie arbeitet bei der Adoptionsvermittlungsstelle im Amt für Jugend und Familie, Soziales und Bildung im Landratsamt Landsberg. Vor der Adoption des Stiefkindes müssten sich alle Beteiligten bei einer Adoptionsvermittlungsstelle beraten lassen. „Vater, Mutter, der adoptierende Stiefelternteil und auch das Kind.“  

Das Kind sollte durch die Adoption ausschließlich Vorteile haben. Daher prüfen die Stellen bei Infogesprächen, Terminen und Hausbesuch sehr genau. Sie beobachten das Miteinander der Familie und sind interessiert, wie das Verhältnis zwischen Stiefvater oder ‑mutter und Kind ist.  

Rein formal sind einige Voraussetzungen gegeben, um das Prozedere überhaupt anzustoßen. Eine ist das Mindestalter von 21 Jahren des Adoptierenden. Weiter sollten die Beteiligten schon längere Zeit in einem Haushalt sein. „Vier Jahre sollte die Familie als solche schon zusammenleben“, sagt Petra Riedel.  

Gut zu wissen: Vater Staat erkennt lesbische Mütter erst an, wenn sie den Weg der Adoption gehen. Wenn also eine Frau ein Kind bekommt und eine feste Partnerin hat, ist diese – selbst wenn sie verheiratet sind, – nicht automatisch die Mutter. Sie muss adoptieren.  

Welche Konsequenzen bringt eine Stiefkindadoption? 

Mit der Adoption wird das angenommene Kind rechtlich gleichgestellt mit einem leiblichen. Es tritt zum Beispiel in die gesetzliche Erbfolge ein. Es hat Unterhaltsansprüche. Und nicht zu vergessen: Es wird mit der gesamten Familie des Stiefelternteils verwandt sein. ‌ 

Mit dem leiblichen anderen Elternteil (und dessen Familie) ist das Kind aus rechtlicher Sicht nach der Adoption nicht mehr verwandt. Jeglicher Anspruch von Gesetztes wegen das Kind zu sehen, zu sprechen oder Informationen zu erhalten, ist nichtig. Das hat zur Konsequenz, dass der andere Elternteil kein Sorgerecht mehr hat. Auch sein Recht auf Umgang mit dem Kind entfällt. Er steht nicht mehr in der Pflicht, Unterhalt zu zahlen.   

„Verheiratet sein“ als Voraussetzung für die Adoption des Stiefkindes? 

„Nein“, sagt Petra Riedel. „Seit Anfang 2020 ist die Stiefkindadoption möglich, ohne dass das Paar verheiratet ist.“ Wesentlich sei jedoch, dass die Patchwork-Familie in einer festen Lebensgemeinschaft lebt. Das ist etwa der Fall, wenn man bereits mehrere Jahre in einem Haushalt lebt oder es ein gemeinsames Kind gibt.  

Stiefkindadoption ohne Zustimmung des leiblichen Vaters? 

In früheren Zeiten wuchsen nicht wenige Kinder mit Stiefmüttern auf. Viele Frauen starben bei der Geburt oder im Wochenbett. Die zeitnahe Wiederheirat des Witwers war nicht selten.   

Heute bringt mitunter ein getrennter Elternteil ein Kind mit in eine Beziehung. Um als echte Familie zu leben, ist der Wunsch nach Adoption nicht selten. Ist der andere leibliche Elternteil mit der Adoption einverstanden, kann das Verfahren einen unkomplizierten Lauf nehmen. „Schwieriger ist es, wenn beispielsweise der leibliche Vater nicht bekannt ist. Oder nicht auffindbar. Oder bewusst nicht einwilligt“, erklärt Petra Riedel.  

 Anders verhält es sich, wenn beispielsweise der Vater unbekannt gemeldet ist. Hier müsse die Mutter glaubhaft darlegen, dass sie versucht hätte, ihn aufzufinden. Oder begründen, warum er unbekannt ist. Ist der andere leibliche Elternteil unauffindbar oder rührt er sich nicht auf die Anfrage des Amts, kann – je nach Sachlage – ein Gericht die Zustimmung des leiblichen Elternteils ersetzen.  

Was aber, wenn der leibliche Elternteil nicht zustimmt? „Dann sind die Chancen auf Adoption eher schlecht“, sagt die Expertin. Man müsse verstehen, dass an erster Stelle das Wohl des Kindes steht. „Und mit einer Adoption ändert sich aus der Sicht eines kleinen Kindes nichts. Wenn die Familie schon länger gut funktioniert, wird sie das auch ohne Adoption. Die ist ein Verwaltungsakt, der Kinder nicht interessiert.“  

Geht es rein um die Erbfolge, kann sich das „Kind“ im Erwachsenenalter adoptieren lassen. Bei der sogenannten Erwachsenenadoption haben leibliche Elternteile kein Mitspracherecht.  

Stiefkindadoption – muss das Kind zustimmen? 

„Grundsätzlich achten wir darauf, dass der Wille des Kindes berücksichtigt wird, egal wie alt es ist“, äußert Expertin Riedel. Auch das Familiengericht  – der Gang ist verpflichtend für Eltern, Kind und Steifelternteil – wird nach der Beurteilung des Amts noch ein Auge auf die zukünftige Familie werfen.  

Wenn das Kind das 14. Lebensjahr erreicht hat, muss es mit zum finalen Notariatstermin und selbst in die Adoption einwilligen. Natürlich nur, wenn es adoptiert werden möchte. 

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