Zwischen März und Mai ist in Deutschland Dividenden-Saison. Und die dürfte zur Zufriedenheit der Aktionär:innen ausfallen, weil steigende Gewinne wieder mehr Gewinn-Beteiligungen zulassen. Doch wann die entsprechende Aktie kaufen: vor oder nach der Dividenden-Zahlung?
Von Antje Erhard
Am dritten Handelstag nach der Hauptversammlung wird in Deutschland die Dividende an die Aktionär:innen gezahlt. Dafür müssen Anleger:innen die Dividende am Tag der Hauptversammlung im Depot zu haben — besser einen Tag früher, um auf der sicheren Seite zu sein. Eine anteilige Zahlung der Dividende, wenn man die Aktie wirklich erst kurz vor dem Aktionärstreffen und der Ausschüttung erwirbt, gibt es nicht. Es gibt die volle Dividende – ob man sie einen Tag oder ein Jahr im Depot hat.
Am ersten Handelstag nach der Hauptversammlung notiert die Aktie dann „ex Dividende“. Das heißt, sie wird abzüglich dieser Gewinnbeteiligung gehandelt. Meistens wird dieser Dividenden-Abschlag in den nächsten Handelstagen wieder aufgeholt, aber das weiß im Vorfeld natürlich niemand genau zu sagen.
Lohnt es sich also, eine Aktie nach der Dividenden-Zahlung zu kaufen? Ja und nein. Meistens steigt eine Aktie an den Tagen vor der Hauptversammlung des Unternehmens bereits. Anleger:innen springen auf, weil sie auf die Dividende setzen. Nach der Dividenden-Zahlung ist die Aktie günstiger. Bei einer geringen Dividenden-Rendite macht das nicht so viel aus, bei drei oder mehr Prozent schon. Außerdem kann sich der Aktienkauf „danach“ lohnen, wenn die Transaktionskosten vom aktuellen Kurs abhängen: Sie sind umso niedriger, je niedriger der Aktienkurs ist.
Die Dividenden-Rendite lässt sich einfach berechnen: Sie ist das Verhältnis der Dividende zum aktuellen Kurs der Aktie und berechnet sich, indem die Höhe der Dividende pro Aktie durch den Kurs der Aktie geteilt und mit 100 multipliziert wird.
Ein Beispiel: Kostet eine Aktie 150 Euro und schüttet das Unternehmen eine Dividende von drei Euro pro Aktie aus. Wir rechnen 3 Euro / 150 Euro x 100 Prozent = 2 Prozent. Eine Dividenden-Rendite von zwei Prozent ist okay, aber kein besonders hoher Wert.
DAX: Versicherer und Auto-Hersteller besonders spendabel
Im DAX gelten die Versicherer und Auto-Hersteller als besonders spendabel. Allein die Allianz will für dieses und die kommenden Jahre die jährliche Ausschüttung um mindestens fünf Prozent steigern. Das würde bedeuten, dass die Anleger:innen nach 9,60 im Mai 2022 mehr als 10 Euro je Aktie an Dividende bekommen.
Vor der Pandemie wurden allein von DAX-Unternehmen 38 Milliarden Euro an die Aktionär:innen ausgeschüttet. Mit der Corona-Pandemie kürzten auch Unternehmen aus der ersten Börsenliga die Dividende. Doch das wird inzwischen bei den meisten wieder aufgeholt. Das liegt einerseits daran, dass bei vielen Unternehmen die Geschäfte trotz Lieferengpässen und anhaltender Pandemie wieder besser laufen, andererseits können sich gerade große Unternehmen leichter als kleinere Kapital besorgen und gelten als weniger pleite-anfällig.
Wichtig sind denn auch die Geschäftsaussichten: Sind sie positiv, können Aktionär:innen auch künftig Dividenden oder sogar Dividenden-Erhöhungen erwarten. Achtung aber, woher die Dividende kommt: Der operative Gewinn muss höher sein als die Gewinnbeteiligung an die Aktionär:innen. Die Dividende darf nicht aus der Substanz gezahlt werden müssen, nur um die Anteilseigner:innen bei Laune zu halten. Andererseits sollte die Dividende nicht zu niedrig ausfallen. Eine Ausschüttungsquote von 25 bis 75 Prozent geglättet über drei Jahre gilt als guter Indikator und spricht ebenso für ein funktionierendes Geschäftsmodell wie eine Dividende, die über zehn Jahre kontinuierlich gezahlt wurde.
DAX-Performance mit Dividende – S&P 500 und Co. ohne
Gerade bei DAX-Unternehmen zeigt sich, dass Dividenden ein wichtiger Bestandteil der Performance sind. Hier werden die ausgeschütteten Dividenden bei der Berechnung des Index mitberechnet. Das ist international unüblich. Allerdings wird der DAX auch ohne Dividenden berechnet: als Kurs-DAX. Er ist vergleichbar mit dem S&P 500 oder dem Dow Jones oder anderen Indizes, die seit jeher als Kurs-Indizes berechnet werden. Der Vorteil der Berechnung eines Index mit Dividenden liegt darin, dass die Dividenden schon während der Haltedauer eingerechnet werden. Kursgewinne gibt es hingegen erst bei einem Verkauf. Wer aber die Performance der Indizes vergleichen möchte, sollte eine einheitliche Grundlage mit dem Kurs-Index schaffen.
Ausschüttung: automatisch, Besteuerung: auch
Die Dividenden-Ausschüttung passiert automatisch. Und leider auch die Besteuerung: 25 Prozent Abgeltungssteuer plus Kirchensteuer werden fällig, wenn der jährliche Freibetrag von 801 Euro (er steigt demnächst auf 1.000 Euro pro Anleger:in) ausgeschöpft ist.
US-Unternehmen zahlen die Dividenden anders als deutsche: Meist quartalsweise. Manche auch monatlich, aber der Quartalsfall ist der Regelfall. Für Anleger:innen werden dann pauschal sofort 30 Prozent Quellensteuer fällig. Für britische Aktien hingegen wird keinerlei Quellensteuer fällig.
Ich persönlich mache einen Aktienkauf nicht vom Dividenden-Stichtag abhängig und auch –nicht nur – von der Höhe der Dividende. Denn die kann von Jahr zu Jahr schwanken, oder gar ausfallen. Viele wachstumsorientierte Unternehmen zahlen zum Beispiel recht wenig Dividende, sie investieren das Geld lieber wieder. Etabliertere Unternehmen gelten oft als verlässliche Dividenden-Zahler, doch auch hier sind nicht alle Einnahmen planbar und das Risiko von Dividenden-Kürzungen besteht. Es spielen viele Parameter eine Rolle für eine Aktie. Die Dividende ist nur einer davon.
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