Mama und Papa arbeiten und brauchen eine Lösung für die Kinderbetreuung. Wo es geht, helfen Großeltern aus. Wer es sich leisten kann, engagiert vielleicht eine Nanny. Wer möchte, lädt ein Au-pair-Mädchen ein. Und für wen es die Mischung macht, entscheidet sich für eine Granny-Au-pair.
Von Ines Baur
Wer an Au-pairs denkt, hat das Bild von zwanzigjährigen Youngsters vor sich. Gerade die Schule hinter sich gebracht, möchten sie die Welt entdecken. In einem anderen Lebensabschnitt doch ebenfalls auf der Suche nach Abwechslung und Abenteuer sind so einige Damen 50+. Sie machen sich, ähnlich wie ihre jungen Kolleginnen, auf in die Welt und unterstützen als Au-pair Gastfamilien bei der Kinderbetreuung und im Haushalt. Genaugenommen als Granny-Au-pair.
Granny Au-pairs punkten mit Lebenserfahrung und Soft Skills
Die Granny-Au-pairs sind gut 30 Jahre älter als konventionelle Au-pairs. Das bedeutet 30 Jahre mehr Lebenserfahrung. Eine Tatsache, die viele berufstätige Eltern und Alleinerziehende schätzen. Die Grannys haben die Ruhe weg, wenn der Dreijährige einen Trotzanfall hat und mit den Fäustchen auf den Boden trommelt. Sie kennen die besten Hausrezepte gegen Fieber und können gleichzeitig Grießbrei füttern und das kleine Einmaleins abfragen.
Ein Granny Au-pair im Haus ist ein Mehr-Generationen-Projekt
Familienkonstellationen haben sich in den letzten Jahrzehnten verschoben, der Mainstream, wie Menschen 50+ ihr Leben gestalten auch. Biologische Großeltern haben die Kleinen zwar gerne um sich, möchten aber selbst was erleben und genießen die neue Freiheit. Andere Großeltern sind zu alt und fühlen sich der Aufgabe das Enkelkind zu betreuen nicht gewachsen. Denn: Frauen werden immer später Mama. Waren 1970 in Deutschland (West) Frauen beim ersten Kind durchschnittlich 24 Jahre alt, waren sie 2018 sieben Jahre älter. Mit einem Granny-Au-pair leben – zumindest zeitweise – drei Generationen unter einem Dach. Von diesen wertvollen Erfahrungen profitieren alle.
Wo finden Familien ein Granny-Au-pair?
Wer mit Granny-Au-pairs in Kontakt treten möchte, macht das online. In Deutschland gibt es das Portal granny-aupair.com, aupair.com oder aupair50plus.com. Wer mehrsprachig erzieht und gerne eine Omi aus dem Ausland möchte, kann bei mamieadom.com auf die Suche gehen.
Die Registrierung auf den Portalen ist in der Regel für Grannys und Familien kostenlos. Eingetragene Mitglieder können ihre Profile gegenseitig unverbindlich ansehen. Erst wenn jemand in Kontakt treten möchte, ist eine kostenpflichtige Mitgliedschaft Voraussetzung. Die Preise bewegen sich zwischen 20 und 65 Euro pro Monat. Mitgliedschaften dauern meist drei bis zwölf Monate. Die Grannys haben Kost und Logis frei, Gehalt bekommen sie nicht. Wer möchte, kann ein kleines Taschengeld geben.
Das Zusammenleben beruht auf gegenseitigem Vertrauen, nicht auf einem Arbeitsvertrag. Bei der Kontaktaufnahme und den Folgegesprächen sollten beide Parteien ganz klar abklären:
- Wo wohnt die Granny? Hat sie ein eigenes Zimmer, ein eigenes Bad?
- Was genau sind die Aufgaben?
- Von wann bis wann sind die Arbeitszeiten?
- Beteiligt sich die Familie an den Reisekosten?
- Welche Freiräume hat die Granny?
- Wie schützt jeder für sich seine Privatsphäre?
Granny-Au-pairs im Ausland
Lebt eine Familie im Ausland und möchte ein deutsche Granny-Au-pair einladen, muss sie wissen, dass die Damen kein Au-pair-Visum bekommen. „Die Au-pair-Visa-Abkommen sind bilaterale Abkommen zwischen zwei Ländern“, erklärt Michaela Hansen. Sie ist Erfinderin und Inhaberin der Online-Plattform granny-aupair.com. Die Abkommen wurden in den 1960er Jahren geschlossen. Damals konnte man(n) sich einfach nicht vorstellen, dass eine Frau jenseits der Dreißig als Au-pair ins Ausland geht.
Bis heute hat sich nichts geändert. Michaela Hansen sagt, dass sie sei schon bei diversen nationalen und internationalen Behörden und Institutionen vorstellig geworden sei. Doch bisher sähe man dort keinen Handlungsbedarf. „Wir wünschen uns sehr, dass endlich etwas bezüglich der altersdiskriminierenden und nicht mehr zeitgemäßen Gesetzgebung in Bewegung käme.“ Momentan reisen die Granny-Au-pairs als Touristinnen in ferne Länder. Damit ergibt sich sehr oft eine Bleibe-Zeit von drei bis sechs Monaten.
Alle paar Monate ein Wechsel, kann für die Familien anstrengend sein. Andererseits – wenn es richtig gut klappt – können die Grannys daheim in Deutschland Urlaub machen und dann wieder neu einreisen und „nach Hause“ kommen.
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