Monika Müller arbeitet als Finanzpsychologin und gründete dazu ihre Firma „FCM Finanz Coaching.“ Wir haben sie gefragt, was Geld mit uns macht, wieso man so ungern darüber spricht und warum man als Student auch mit wenig Geld zufrieden ist.
Von Matthias Lauerer
courage-online.de: Frau Müller, Sie beschäftigen sich mit Geld. Seit wann existiert jenes überhaupt?
Monika Müller: Nun, Geld drückt unseren gesellschaftlichen Status aus und es bestimmt die soziale Zugehörigkeit, dazu die Schicht, oder die Klasse. Menschen in Gruppen haben sich stets über Symbole verglichen. Münzen kamen erst viel später als Tauschmittel dazu.
Weshalb sprechen wir so ungern über das liebe Geld?
Es gibt zwei Wahrheiten über Geld, einerseits sprechen wir ständig und überall über Geld. Anderseits gibt es Tabus. Und weil Geld etwas über uns aussagt, ist es etwas anderes über Geld zu sprechen als über andere Themen, denn es wird hierbei sehr intim und persönlich. Beispiel: Wenn ich sehr wenig verdiene, könnte ich denken: ´Ich bin weniger Wert´. Dann scheue ich mich über das Thema zu sprechen. Ich gehe sonst ein Risiko ein und könnte mich wertloser fühlen. Ein Kollege sagte einmal zu mir: ´Wenn Geld als Thema in den Raum kommt, werden die Menschen komisch.“ Damit hat er gar nicht so unrecht. Manche Firmen machen aus dem Geld ein Tabu. Das gibt ihnen Kontrolle und Macht, weil es mit Strafen belegt ist über das Gehalt zu sprechen.
Was interessiert Sie so sehr am Thema, dass Sie sich gerne täglich in Ihrem Beruf damit beschäftigen?
Teilnehmer lernen in meinen Seminaren das psychologische Potenzial kennen, das mit dem Wort Geld verbunden ist. Die Menschen spüren, dass es eine Entwicklungsgrenze gibt, über die wir hinwegkommen möchten. Was passiert, wenn ich den Kontoauszug ansehe und wie wirkt das auf mich? Veränderung und Wachstum finden statt, wenn ich mich frei fühle das zu tun, was ich wirklich tun will.
Warum ist man als Student ohne Geld glücklicher?
Das liegt an den ähnlichen Verhältnissen, die während des Studiums herrschen. Erst mit dem Eintritt ins Berufsleben bekommt das Thema eine andere Dimension, die Unterschiede werden sichtbarer. Generell zeigen sich dann die gelernten Muster aus der Kindheit.
Wie sah Ihr Umgang mit Geld am Anfang Ihres Berufslebens aus?
Ich hatte einen relativ entspannten Einstieg, weil das Geld bei der ersten Arbeit tariflich geregelt war. Ich habe zunächst alles ausgegeben, was ich bekam, und habe später gespart und mich gefragt: Wieviel davon brauche ich denn tatsächlich? Generell würde ich sagen: Ich habe meinen eigenen Weg gesucht.
Sie waren verbeamtet und sind ausgestiegen. Weshalb?
Ich bin ein Mensch mit relativer hoher Risikobereitschaft und hatte den starken Wunsch, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Eine Kollegin sagte zu mir: ´Wenn du 15 Jahre verbeamtete bist, gehst du nicht mehr zurück.´ Aus meinem Umfeld haben diesen Schritt nicht viele Menschen verstanden.
Welchen Bedeutung hat Geld in unserer Sozialen Marktwirtschaft?
Wir sind aufgewachsen in einer Gesellschaft, die vom Zusammenhalt profitiert. Geld ist sicher ein Motor, doch die Währung allein funktioniert nicht als Kitt für eine Gesellschaft. Die Politik hat hier eine große Verantwortung und das Finanzielle muss dabei einen angemessenen Platz finden. Was wichtig ist: Alle Schichten sollten miteinander in Kontakt bleiben.
Klappt das auch mit weniger Wohlstand?
Wir müssen Atem holen und begreifen: ´Wir werden jetzt alle gemeinsam etwas ärmer´ und das Credo lautet: ´Wir sitzen im selben Boot´. Ich halte das für eine große Kommunikationsaufgabe der Bundesregierung. Wir müssen spüren: wir werden gesehen, keiner geht verloren.
Wie gehe ich als Firmenchef mit Unsicherheit um?
Unternehmer, die erfolgreich Werte schaffen, haben auch immer wieder Phasen, in denen sie weniger Geld haben oder umsetzen. Dann ist unternehmerische Risikobereitschaft gefragt: das bedeutet kreativ sein und Unsicherheit ertragen. Das gelingt mit meiner inneren Freiheit in Bezug zu Geld.
Stichwort Ex-RTL-Schuldnerberater Peter Zwegat: Weshalb verdrängen Menschen mit hohen Schulden ihre Malaise?
In dem Moment, wenn einer Schulden hat und sie nicht bedienen kann, beginnt der innere Kommunikationsprozess. Kommt dann noch die Mahnung, dann geht es los: „Was fühle ich dabei und wie ist diese geschrieben? Wie gehe ich mit diesen unangenehmen Emotionen um? Das haben die wenigsten Menschen gelernt. Wenn man dann den gesamten Schuldenstand erfährt, und dabei Herr Zwegat oder sein Nachfolger optimal kommunizieren und den Bürger emotional abholen mit dem Tenor: ´Du bist ein wertvoller Mensch und hast das Problem erkannt´ beginnt ein Entwicklungsprozess. Meist bleiben Fragen wie: Wo hat es jener Mensch versäumt, anderen – denen er Geld geliehen hat – Druck zu machen sein Geld zurückzufordern? Oder, warum kümmert sich jemand so wenig um sich selbst? Denn jeder muss für sich sorgen und beim Thema Geld am Ball bleiben.
Welche Grundlagen sollte jeder Bürger beim Thema beherrschen?
Mir ist es ein Anliegen, dass Kinder und Jugendliche lernen, dass Geld nicht nur ein Tauschmittel ist, sondern etwas mit ihnen macht. Das ist wie ein Navi, das sie durchs Leben trägt. Wie gehe ich mit der Angst um, wenn weniger auf dem Konto ist? Wie reagiere ich? Lasse ich die Angst zu, und schaue, ob die sich nach einigen Minuten verflüchtigt hat? Ich muss klug reflektieren und achtsam sein mit mir und anderen Menschen. Selbst die Freude über eine hohe Summe auf dem Konto kann ich reflektieren. Will ich alles behalten oder teilen? Ein klares Bewusstsein ist gut, um zu verstehen, was Geld in mir auslöst. Sonst werden wir von unserem Verhältnis zu Geld benebelt.
Alle sprechen über die hohe Inflation, doch war jene bereits 1973 oder auch 1982 sehr hoch. Weshalb ist das nun ein so großes Thema?
Da passiert etwas, das löst Unruhe und Unsicherheit aus. Hintergrund: Wenn wir uns immer nur auf Sicherheit ausrichten, sind wir auf unsichere Zeiten nicht vorbereitet.
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