Sie ist gar nicht so unerreichbar wie wir denken, die Million. Ganz wichtig ist der Faktor Zeit. Schauen wir, wie es gehen kann.
Von Antje Erhard
Um es gleich vorweg zu sagen: Das ist keine Anlage-Empfehlung, kein Gelaber. Ich möchte dir vielmehr zeigen, was du mit konsequenter Geldanlage, Zeit, Geduld und einer Strategie erreichen kannst. Ich wünschte, ich hätte schon viel früher mit dem Investieren angefangen. Meine Mission ist es heute, dass du nicht die gleichen Fehler machst wie ich.
Und ich räume gleich ein: Man muss monatlich schon einiges an Geld aufwenden, um auf eine Million zu kommen. Aber vielleicht ist die Million nicht wirklich wichtig. Vielleicht sind diese Überlegungen von mir für dich ja ein Anreiz, dass du für dich oder deine Kinder anfängst zu investieren. Einen Versuch ist es doch wert, oder?
Nehmen wir ein beliebtes Beispiel: Den MSCI World Index: Ein Klassiker der Geldanlage. Nicht sexy, aber solide. Kein Überflieger, aber ein stabiler Ertragsbringer mit einem verträglichen Risiko. Einfach zu verstehen, leicht investierbar, überschaubarer Zeitaufwand. Natürlich kannst du dich auch für eine andere Geldanlage entscheiden. Wichtig ist deine Strategie. Aber wenn du hier hin und wieder mitliest, weißt du das längst. 7,5 Prozent hat der MSCI World in den letzten 20 Jahren im Schnitt an Performance erzielt. Die nehmen wir als Basis unserer Rechnung:
7,5 Prozent Rendite in 40 Jahren ohne Eigenkapital. Wir nehmen an, dass Erträge wie Dividenden wieder reinvestiert werden. Für eine Million Euro Kapital müssten wir 379,76 Euro pro Monat investieren. Das würde uns 182.284 Euro an Einzahlungen kosten, aber 842.246 Euro an Zinsen. Als mehr als das Vierfache. Macht in Summe: 1.024.530 Euro (Quelle: finanzfluss.de).
Steuer und Inflation berücksichtigen
Drei Einwände mache ich gleich selbst geltend: Der erste ist die Steuer. Also nicht zu früh freuen: Abgezogen werden nun noch 24.531 Euro Kapitalertragssteuern. Da wir das Geld aber nicht auf einen Schlag entnehmen, fallen auch nicht auf einen Schlag alle Steuern an. Je mehr Geld im Depot verbleibt und reinvestiert wird, desto besser. So weit so positiv.
Der zweite Einwand betrifft die Inflation. Die war in den letzten 20 Jahren von 2002 bis 2021 mit 1,5 Prozent deutlich niedriger als jetzt, sie dürfte aber auf absehbare Zeit wohl erst einmal höher ausfallen. Nehmen wir eine Inflation von 2,0 Prozent an als Mittelwert für die nächsten Jahre (niemand kann sie vorhersehen, aber 2,0 Prozent ist das Ziel der Zentralbank), dann ergibt sich vor Kosten eine Rendite von 5,5 Prozent.
Machen wir die Rechnung neu auf: Unter den gleichen Parametern müssten wir unter Berücksichtigung der Inflation 648,34 Euro monatlich investieren, würden 311.202 Euro anlegen und hätten nach 40 Jahren 725.560 Euro Verzinsung, macht 1.036.762 Euro. Abgezogen werden müssen noch 36.763 Euro Steuern.
Viel Geld gerade für junge Leute, aber…
Das ist viel Geld und führt gleich zu meinem dritten Einwand ist: Wer mit 20 anfängt zu investieren, kann nur in Ausnahmefällen so viel Geld pro Monat zurücklegen. Andererseits haben meistens die Eltern Geld für uns gespart. Rechnen wir mit langfristig zwei Prozent Inflation und einem Startkapital von 25.000 Euro. Dann wären 523,85 Euro zum Investieren nötig.
Auch wenn du nicht so viel Geld monatlich zurücklegen kannst: Jeder Euro ist ein Anfang. Und wird mehr. Selbst mit 100 Euro im Monat kommt über die Zeit eine stattliche Summe zusammen.
Das führt mich zu einem anderen wichtigen Punkt: Der Zinseszinseffekt ist zwar umso größer, je länger er wirken kann. Nichtsdestotrotz sind auch gut 500 Euro enorm viel Geld. Mit Anfang 20 nahezu unrealistisch, wie schon geschrieben. Wir verdienen zwar im Laufe unseres Berufslebens sukzessive immer mehr, aber eben auch erst später.
Den Faktor Zeit bestmöglich für die Kinder nutzen
Ich finde es daher wichtig, dass wir als Eltern für unsere Kinder den Faktor Zeit bestmöglich einsetzen. Ich habe das auch nicht von Tag 1 an getan, aber ich investiere das komplette Kindergeld in das Depot meines Sohnes. Nehmen wir mal an, du legst von Anfang an Geld für dein Kind zurück. Du weißt natürlich nicht, ob es später als Erwachsener den Plan weiter verfolgt, aber wenn doch, ist der Faktor Zeit eine wichtige Größe:
Mit gut 200 Euro zur Million
5,5 Prozent Rendite über 60 Jahre ohne Eigenkapital. Das wären monatlich 204,48 Euro Einzahlungen. Das liest sich doch schon anders, oder? Insgesamt würden wir Eltern und hoffentlich unser später erwachsenes Kind 147.228 Euro einzahlen, aber 873.212 Euro wären Zinsen. In Summe hätte es 1.020.440 Euro im Depot.
Im Internet gibt es zu dem Thema viele Informationen, Rechenbeispiele und Investitionsvorschläge, wo du dein Geld anlegen sollst. Vieles davon ist wenig seriös, vorsichtig ausgedrückt. Aber wenn man mal die Kommentare dazu liest, haben doch viele verstanden, worum es im Grunde geht. So schreibt ein User:
„Steigende Lebenserwartung, demographischer Wandel, Altersarmut, finanzielle Freiheit usw. Gibt viele Gründe langfristig anzulegen, um dann im Alter davon zu profitieren.“ Ein anderer kommentiert: „Man muss ja nicht jeden Cent sparen. Gesundes Mittelmaß und gut ist“.
Das sehe ich ähnlich. Denn es geht nicht darum, sich jetzt zu kasteien, um mit 60 Millionär:in zu sein. Keine:r weiß, wie lange er bzw. sie lebt. Es zählt das Hier und Jetzt. Ich verstehe aber auch die gegenteilige Ansicht: „Lieber gut leben anstatt ganze Zeit zu sparen um mit 60 eine Million zu haben.“ Wie gesagt, das eine schließt für mich das andere nicht aus. Letztendlich muss das jede:r selbst für sich entscheiden.
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