Was früher der Bausparer war, sind heute Fondssparpläne. Sie sind beim Vermögensaufbau die beste Basis – sofern man gute Produkte wählt und auf die Kosten achtet.
Von Andreas Höss
“Auf diese Steine können Sie bauen“: Über Jahrzehnte stand der Slogan, mit dem die Schwäbisch Hall für ihre Bausparverträge warb, für langfristigen Vermögensaufbau. Monat für Monat zahlte die Generation Bausparer kleine Summen bei Wüstenrot, Schwäbisch Hall und Co ein, um sich später einmal Großes leisten zu können. Doch mittlerweile überzeugt das einstige Lieblingsprodukt der Deutschen die Sparer nicht mehr so wie früher: Niedrige Zinsen, kaum Flexibilität und hohe Nebenkosten verderben vor allem den Jungen die Lust aufs Bausparen. Stattdessen erfreut sich eine neue und ebenfalls langfristige Art der Geldanlage wachsender Beliebtheit: Sparpläne mit Fonds und ETFs.
Noch stehen in Deutschland rund 25 Millionen Bausparverträge nur wenigen Millionen Fonds- und ETF-Sparplänen gegenüber. Allerdings verschieben sich die Gewichte langsam, aber sicher. Die Anzahl der Bausparer:innen ging seit der Jahrtausendwende um ein Viertel zurück, jene der Fonds- und ETF-Sparpläne stieg hingegen zuletzt massiv an. „Derzeit werden wir mit neuen Depotanträgen regelrecht überschüttet“, berichtet Thomas Dwornitzak, Leiter Sparen und Anlegen bei der ING, dem deutschen Onlinebroker mit den meisten Depots. Trotz Corona-Krise und Börsencrash verdoppelte sich die Zahl der Fonds- und ETF-Sparpläne dort im vergangenen Jahr. „2021 war das Wachstum bisher sogar noch höher“, so Dwornitzak.
Bei anderen Anbietern ist die Situation ähnlich — wenngleich es laut Fondsverband BVI keine belastbaren Aussagen gibt, wie viele Fonds- und ETF-Sparpläne derzeit deutschlandweit genau existieren. Doch allein der Bestand an ETF-Sparplänen bei großen Onlinebrokern wie Comdirect, ING oder Flatex hat sich laut dem Branchendienst extraETF seit Anfang 2019 auf 2,4 Millionen fast verdreifacht. Geht die Entwicklung so weiter, könnte die Generation Bausparer mittelfristig von einer Generation Sparplan abgelöst werden. Doch eignen sich Fonds- und ETF-Sparpläne überhaupt für den langfristigen Vermögensaufbau?
Kleine Summe, große Wirkung
Die Anbieter sind sich da natürlich sicher. Aber auch Verbraucherschützer halten die Sparpläne für sinnvoll. „ETF-Sparpläne sind die beste Wahl, um Kapital fürs Alter anzusammeln“, bestätigt Merten Larisch, Finanzexperte von der Verbraucherzentrale Bayern. Schließlich könne man so mit kleinen Summen und relativ geringen Nebenkosten sehr rentabel anlegen. Der Anlagehorizont ist für Larisch klar: „Bis zum Lebensende.“ Die Sparrate sollte seiner Ansicht nach nicht zu niedrig sein, schließlich wolle man ja seinen Lebensstandard im Alter halten. „Ganz grob gesagt sind acht bis zehn Prozent des Nettoeinkommens angemessen.“ Beim deutschen Durchschnitts-Netto von rund 2000 Euro im Monat wären das also 200 Euro. Allerdings müsse man bei der Sparrate berücksichtigen, ob man etwa eine Immobilie abzahlt oder anderweitig fürs Alter spart, so Larisch, der zu einer individuellen Beratung rät.
Tatsächlich kommen schon mit kleineren Sparbeträgen ansehnliche Summen zusammen. Wer pro Rate 125 Euro investiert — was dem Durchschnitt nahekommt, den ING-Kunden monatlich in Fonds- und ETF-Sparpläne stecken —, kann in 30 Jahren inklusive Erträge auf rund 100 000 Euro kommen. Unterstellt wird dabei eine jährliche Rendite von im Schnitt fünf Prozent. Das ist keine überzogene Erwartung. Der globale Aktienindex MSCI World machte in den letzten 30 Jahren inklusive Dividenden acht Prozent Gewinn pro Jahr.
Das Gute: Je länger die Sparphase läuft, desto mehr wirkt der Zinseszins. Zudem haben Sparpläne eine disziplinierende Wirkung: „Durch die monatlich festgesetzten Sparraten bleibt der/die Anleger:in stets auf dem gleichen Kurs und tendiert weniger zu potenziellen Panikreaktionen in Krisenmomenten“, erklärt Sebastian Külps, Leiter des Deutschland- und Österreich-Geschäfts beim ETF Anbieter Vanguard. Das heißt: Die Anleger:innen zerstören sich nicht die Rendite, weil sie in einem schlechten Moment doch kalte Füße bekommen und ihre Anteile panisch und mit Verlust verkaufen.
Breit und günstig anlegen
Trotzdem müssen drei Dinge stimmen, um mit einem Sparplan erfolgreich anzulegen. Erstens: Die Produktklasse muss zur Risikobereitschaft passen. Fünf Prozent Gewinn pro Jahr und mehr gibt es nach Kosten eigentlich nur mit reinen Aktienfonds und Aktien-ETFs. Selbst mit sehr offensiven Mischfonds, die hohe Aktienquoten haben, daneben aber auch in Anlageklassen wie Anleihen oder Rohstoffe investieren, sind solche Erträge nur schwer zu erreichen. Dafür haben diese Produkte andere Vorteile. Sie bieten ein breit diversifiziertes Rundumpaket und sind in Crashs stabiler.
Anleger:innen müssen sich also grundsätzlich zwischen hoher Rendite bei hohen Schwankungen oder etwas weniger Rendite und einem ruhigeren Schlaf entscheiden. Zu reinen Aktienprodukten sollten nur jene Sparer greifen, die ihren Sparplan zehn Jahre und mehr laufen lassen wollen.
Zweitens müssen die konkreten Produkte passen. Das heißt nicht nur, dass man um schlechte Fonds einen Bogen machen sollte. Da Sparpläne meist als Grundbaustein des Vermögensaufbaus dienen, sollte man auch Produkte meiden, die nur in einzelne Länder oder Branchen investieren. Besser: klassische Basisinvestments, die global in Aktien und gegebenenfalls zusätzlich in andere Anlageklassen investieren. Obwohl es aktiv gemanagte Aktien- und Mischfonds gibt, die seit langer Zeit verlässlich starke Renditen liefern, sind diese eher zweite Wahl — schon weil nicht jeder Broker jeden guten Fonds als Sparplan anbietet.
„ETFs auf globale Aktienindizes sind deshalb am sinnvollsten“, sagt Merten Larisch. Sie gibt es überall als Sparplan, sie sind breit aufgestellt, günstig, haben keine Ausgabeaufschläge und erzielen auf lange Sicht höhere Renditen als die meisten aktiv gemanagten Fonds. Auch bei den Mischfonds gebe es bereits passive Multi-Asset-ETFs, die in Sachen Kosten und Rendite Standards setzen. „Nur bei Öko-Produkten können aktiv gemanagte Fonds Vorteile ‑gegenüber Standard-ETFs bieten“, räumt Larisch ein. „Allerdings sind die Gebühren der Öko-Fonds oft sehr hoch.“
Drittens muss man nicht nur die Gebühren der Produkte im Blick behalten, sondern auch darauf achten, dass die Kosten für Broker und Depot nicht aus dem Ruder laufen. „Sie können die Rendite schmerzhaft schmälern“, warnt Verbraucherschützer Larisch. Hier gibt es diverse Kostenfallen — von Depotgebühren über Orderkosten und Ausgabeaufschläge bis hin zu Verkaufsgebühren, wenn man den Sparplan später auflösen will. „Besonders kostspielig wird es, wenn die Depot- und Verkaufsgebühren prozentual berechnet werden und nicht gedeckelt sind“, sagt Larisch. Schließlich haben sich zum bis Ende der Sparphase meist hohe Summen angesammelt, die dann prozentual geschröpft werden.
Die gute Nachricht: Im Moment gibt es unter den Onlinebrokern einen harten Preiskampf, der den Kunden zugutekommt. Viele große Broker verlangen bei Sparplänen keine Depotgebühren mehr, bieten die gängigsten ETFs ohne Ausgabeaufschlag an und haben teils Ordergebühren gesenkt oder gestrichen. Ganz selbstlos ist das nicht. „Viele Sparplankunden tätigen im nächsten Schritt Investitionen in andere Anlagen wie Fonds oder Aktien, wenn sie sehen, dass sich das Geld in ihren Sparplänen gut vermehrt“, begründet Anlageexperte Dwornitzak von der ING Deutschland. Die Broker versuchen also, über die kostenlosen Sparpläne Neukunden anzulocken. Denn auch sie profitieren letztlich davon, wenn der Generation Bausparer eine Generation Sparplan folgt.
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