Funkelnde Diamanten lassen Herzen höher schlagen. Sie faszinieren und wecken Begehrlichkeiten. Was macht ihren Wert aus? Und können sie auch Wertanlage sein?
Von Michaela Stemper
Wie man Diamanten auswählt, was ein Einkaräter kostet und welche Wertsteigerungen erwartbar sind, erklärt Abi Weber. Der Frankfurter Goldschmied und Diamantgutachter verfügt über langjährige Erfahrung in den Top-15-Schmucksteinen. Während seiner Ausbildung und im familieneignen Juweliergeschäft hat er tausende von Steinen bewertet. In den letzten zehn Jahren verkaufen sich verstärkt große Steine. „Jeder achte Ring ist ein Einkaräter. Die amerikanische Tradition für den Verlobungsring drei Monatsgehälter auszugeben, hat auch hierzulande Einzug gehalten“, erzählt er.
Diamantenmarkt boomt
Insgesamt wird 2022 mehr Schmuck gekauft. Der Juwelier kennt die Gründe: „Erstens möchten Kund:innen nach den Corona-Einschränkungen mit neuen Schmuckstücken das Leben feiern. Zweitens, setzt das aktuelle Zinsniveau und die steigende Inflation weniger Anreiz zum Sparen als zum Konsum.“ Weber sieht eine steigende Nachfrage über alle Preisklassen hinweg: von ein paar hundert Euro bis hin zu fünfstelligen Kaufpreisen liegen Ringe und Ketten auf dem schwarzen Samt in Frankfurts Innenstadt.
Vor dem Hintergrund der weltpolitisch unsicheren Lage seien zudem die Preise für Diamanten in den letzten ein bis drei Monaten stark gestiegen, erklärt Weber. Abhängig vom Gewicht zwischen 8 und 16 Prozent. Gerade kleine Brillanten hätten extremst im Preis angezogen: allein im März verteuerten sich 0,01-Karat-Steine um 12 Prozent. Im Jahresvergleich beobachten Experten Preissteigerungen von 15 bis 20 Prozent. Sie orientieren sich am Rapaport-Diamanten-Index, der kontinuierlich Preise für Diamanten unterschiedlicher Größen und Kategorien dokumentiert.
Nach diesen Cs werden Diamanten bewertet
„Diamanten sind ein Naturprodukt. Zehn unterschiedliche Diamanten gleicher Größe sind noch lange nicht das gleiche Produkt“, erklärt der Diamantgutachter. Die Steine werden in vier Kategorien bewertet: Carat, Colour, Cut und Clarity.
Carat: Größe bzw. Gewicht. Ein metrisches Karat entspricht 0,2 Gramm.
Colour: Das Farbspektrum reicht von D bis Z – Die Schmuckindustrie verwendet Steine von hochfeinem Weiß (D) bis hin zu Weiß (H).
Cut: Klassisch ist der runde Schliff als Brillant. Zusätzlich gibt es 24 sogenannte Fancy Cuts, etwa die beliebte Baguette- oder Cushion-Form.
Clarity: Die Reinheit reicht von lupenrein bis Piqué 3. Kleine Einschlüsse der Klassen SI1 und SI2 sind vertretbar.
Zertifizierte Diamanten
Inzwischen wird nahezu kein Diamant ab einer Größe von 0,25 Karat ohne GIA-Zertifikat verkauft. GIA steht für Gemological Institute of America. Das in den 30er Jahren gegründete Unternehmen gilt als seriös und unabhängig. Die Bewertung von Diamanten und anderen Edelsteinen wird weltweit geschätzt. Das deutsche Pendant dazu sitzt in Idar-Oberstein mit dem Deutschen Gemmologischen Institut. Eine seriöse Zertifizierung sollte die Grundvoraussetzung für den Kauf sein, rät der Gutachter. „Bei der GIA-Zertifizierung wird eine Nummer vergeben, die mikroskopisch klein in die Rondiste des Steins gelasert wird“, erklärt Abi Weber, der selbst seit Jahren mit Lupenbrille und Mikroskop arbeitet. Große Marken wie Tiffany nutzen zwar eigene Labore, zertifizieren allerdings nach den gleichen internationalen Standards.
Tipps & Tricks für den Diamantkauf
Weber warnt hingegen vor einem Spontankauf im Internet: „Online werden vor allem Steine mit EGL-Zertifikat angeboten. Ein europäisches Bewertungssystem, das eher großzügiger zertifiziert. Zum Beispiel werden getönte Einkaräter gerne mal als reinweiß dargestellt.“ Warum Käufer zuschlagen? Günstige Einkaräter sind hier ab 2.000 Euro zu haben. „Reicht die Spanne bis 18.000 Euro bei angeblich gleichen Kriterien, sollte einem der gesunde Menschenverstand sagen, dass das nicht die gleiche Ware sein kann“, warnt Weber. Für vernünftige Diamanten von einem Karat muss man mit 6.000 bis 12.000 Euro rechnen, rät der Experte. Und ergänzt, dass natürlich gerade die Big-Figures wie 1,0 Karat einen gewissen Preisaufschlag beinhalten.
Alternativ zeigt der Profi für den Kauf eines Schmuckstücks mit begrenztem Budget eine elegante Lösung: ein Unterschied von zwei bis drei Zehnteln bei einem 0,9 Karäter im Vergleich zum Einkaräter ist optisch kaum nachvollziehbar. Laien sollten deshalb mehr auf die Farbe und den Schliff achten. So ist beispielsweise bei der Farbe relativ gut zu erkennen, wann das weiße Spektrum (bis H), verlassen wird. Webers Tipp: Den losen Stein umgekehrt auf ein weißes Blatt legen und unter weißem Licht begutachten. So lässt sich eine unerwünschte Tönung schnell ausschließen.
Manche von Webers Kunden bringen vermeintlich wertvolle Steine von ihren Reisen mit. So auch eine Kundin, die ihren Diamantring in Dubai erwarb. Das Gold war echt, der Stein leider nicht, musste Weber bedauernd feststellen. Glassteine lassen sich im losen Zustand am besten erkennen. Dazu legt man sich den Stein umgekehrt auf den Finger. Kann man durchschauen, ist es definitiv kein Edelstein. Zudem reflektiert ein Diamant das gesamte Spektrum des Regenbogens, simples Glas nicht.
Taugen Diamanten als Wertanlage?
Diamanten sind wertbeständig. Man kann sie leicht und schnell transportieren. In unsicheren Zeiten sei das durchaus wichtig, erklärt der Experte. „Diamanten lassen sich trotzdem nicht mit einem Aktieninvestment vergleichen“, erklärt der ausgebildete Banker, „Wer nur einen Stein kauft, wird auch nur einen verkaufen können – auf einen Markt, auf dem viele Händler mit großen Stückzahlen konkurrieren. Selbst die kleinsten haben ein Portfolio von 300 Steinen.“ Aber um die langfristige Wertsteigerung zu dokumentieren, hat er ein Beispiel parat: Ein Einkaräter, den Webers Großvater vor rund 40 Jahren für 4.500 D‑Mark erwarb, hat heute einen Marktwert von 23.000 Euro.
Die weltweiten Reserven an Diamanten beliefen sich 2021 übrigens auf 1,8 Milliarden Karat. 75 Prozent der jährlich geschliffenen Steine geht an die Industrie, beispielsweise für Laser, die verbleibenden 25 Prozent in die Schmuckindustrie. Zu den weltweit bedeutendsten Diamantenbörsen zählen Mumbai, New York, Hong Kong, Antwerpen und Tel Aviv. „Auch hier darf man sich das nicht vorstellen wie auf dem Frankfurter Parkett. Diese Umschlagplätze sind Hochsicherheitstrakte in Bürogebäuden. Sie müssen sich registrieren, akkreditiert sein und passieren unzählige Schleusen“, erzählt der Diamantenexperte.
Wo finde ich eine:n Expert:in?
Wer einen Diamanten graduieren lassen möchte, fragt bei großen Juwelieren wie H. Stern oder Cartier nach einer Empfehlung. Diese kennen spezialisierte Gutachter vor Ort. „Trotz aller Wertbeständigkeit sind Diamanten mehr als ein Investment. Sie sollen Freude bringen und Schönheit vermitteln. Jedes Schmuckstück birgt eine Erinnerung“, sagt Abi Weber und greift an die Kette mit dem Anhänger seines Großvaters.
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