Bulle und Bär stehen sich vor der Frankfurter Börse gegenüber. Und stehen für steigende bzw. fallende Aktienmärkte. Inzwischen regieren die Bären an vielen Aktienmärkten. Hier die Bedeutung und wie du damit umgehen kannst.
Von Antje Erhard
Am Freitag war es so weit: Der US-Börsenindex S&P 500 folgte seinen Pendants der Technologie-Börse Nasdaq in den Bärenmarkt. Bei einem Stand von 3.827 Punkten war es so weit. Zeitweise ging es am Freitag noch tiefer abwärts für den Leitindex. Aber bis zum Börsenschluss hat er sich wieder gefangen und nicht im Bärenterrain geschlossen. Für manche Expert*innen bedeutet das deshalb noch keinen Bärenmarkt. Sie sagen, der Schlusskurs ist entscheidend. Doch was ist das nun für ein Marktphänomen?
Tatzenschlag im Bärenmarkt
Ein Bär schlägt mit seiner Tatze von oben nach unten. Bärenmarkt bedeutet deshalb an der Börse, es geht abwärts. Und zwar um 20 Prozent oder gar mehr im Vergleich zum letzten Hoch. Und das sehen wir nun. Die Inflation, die Sorge, dass zu schnell steigende Zinsen zwar die Inflation drücken, aber eben auch die Wirtschaft abwürgen, die Lockdowns in China, die weitere Lieferengpässe verursachen und schließlich der Krieg in der Ukraine, dessen Ende nicht in Sicht ist. Es gibt viel, was derzeit auf den Märkten lastet.
Die gute Nachricht: Als Neuling an der Börse weißt du jetzt, was Risiken sind. Vor allem Abwärtsrisiken. Und du lernst, mit ihnen umzugehen. Bis letzte Woche war der S&P 500 noch an einem Bärenmarkt vorbeigeschrammt. Auch im vergangenen Jahr sind die meisten Indizes noch um die Marke von 20 Prozent herumgekommen: Der S&P 500 ist von seinem September-Hoch „nur“ 19,8 Prozent bis zu seinem Dezember-Tief gefallen. Dann konnte er erst einmal Boden gutmachen. Wie auch der DAX. Doch der Abverkauf hat nicht ausgereicht. Bzw. die Risiken sind nicht weniger geworden.
Das sehen wir vor allem bei Technologie-Aktien. Sie werden aktuell ordentlich abgestraft: Die Hälfte der Titel an der Nasdaq sind um 30 Prozent oder gar mehr gefallen. So viel wie zum Corona-Crash. Viele Einzel-Aktien sind inzwischen in einem Bärenmarkt. Der DAX hingegen hält sich noch etwas besser als seine US-Pendants. Die Bären sind noch nicht nah. Die deutschen Aktien sind in einer Korrektur.
Alle 5,4 Jahre kommen die Bären
Ob die Bereinigung schon abgeschlossen ist oder ob die Kurse noch weiter fallen, das lässt sich jetzt noch nicht sagen. Aber in der Vergangenheit folgte auf einen Bärenmarkt meist eine ansehnliche Rally. Etwa im Herbst 2011. Es ging damals für den Leitindex S&P 500 um fast 30 Prozent abwärts, aber dann folgte eine gute 30-prozentige Rally. Statistisch erleben Börsianer:innen alle 5,4 Jahre einen Bärenmarkt. Im Schnitt fallen die Kurse dann um 34 Prozent.
Im Bärenmarkt können trotzdem die Kurse aber auch sehr schnell, sehr stark steigen. Das nennt sich Bärenmarkt-Rally. Der übergeordnete Abwärtstrend bleibt aber bestehen. Meist treiben gute Nachrichten die Kurse an. Kurzzeitig.
Die Bärenmärkte dauern auch nicht so lange wie Bullenmärkte: Im Durchschnitt prägt der Bär 289 Tage das Börsengeschehen. Der letzte Bärenmarkt ist nicht lange her: Im März 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie außerhalb Asiens war es so weit. Und endete bereits im Sommer, als die Kurse kräftig stiegen. Wenn die Kurse weniger heftig fallen, nennt man das eher Korrektur.
Der Bulle nimmt die Kurse auf die Hörner
Warum ausgerechnet Bulle und Bär zu Börsensymbolen geworden sind, weiß heute niemand mehr so genau. Angeblich fanden früher vor der Londoner Börse Bullenkämpfe statt. Der Bulle nimmt die Kurse auf die Hörner und befördert sie nach oben. Bullenmarkt bedeutet, dass die Kurse vom Tiefstand um mindestens 20 Prozent zulegen. Die Stimmung ist dann „bullish“.
Das ist in Phasen einer guten wirtschaftlichen Entwicklung der Fall. Dann ist die Zuversicht groß, die Sicherheit groß und die Menschen investieren mehr von ihrem Geld. Der jüngste Bullenmarkt traf zugleich auf eine Phase historisch niedriger Zinsen. Das hat die Kurse zusätzlich befeuert. Auch noch, als die fundamentalen Daten bereits schlechter wurden.
Die Bullen kommen öfter an der Börse vor als die Bären
An der Börse haben die Bullen einen längeren Atem als die Bären: Im Schnitt dauert ein Bullenmarkt 973 Tage. Also fast drei Jahre. Doch der jüngste Bullenmarkt übertraf alle Rekorde. Er lief von 2009 bis 2020. Und endete mit der Corona-Pandemie. Dann ging es auch nicht in einer einfachen Korrektur weiter. Nein, es gab gleich einen Bärenmarkt…
Manchmal tappen Anleger:innen aber auch in eine Bullenfalle: Sie kaufen, weil sie denken, dass Kurssteigerungen der Auftakt einer Rally sind. Doch dann sinken die Kurse plötzlich wieder. Oder laufen seitwärts…
Du siehst, Aktienkurse steigen auch wieder. Doch zunächst erfasst erst einmal vor allem unerfahrene Anleger:innen die Angst. Sie verkaufen. Oft sogar zu niedrigeren Kursen, als sie einst gekauft hatten. Aber dann haben die meisten die anschließende Rally verpasst. Besser ist, langfristig zu denken. Dann hältst du kurzzeitige Verluste aus. Bist du von deiner Strategie und deinen Geldanlagen weiter überzeugt, ist es eine Überlegung nachzukaufen.
Allerdings ist das in mehrerer Hinsicht nicht so einfach: Du musst deine Angst überwinden. Du musst weiter überzeugt sein von dem, wie du investiert hast und du musst wissen wann du kaufst: Greife nicht in ein fallendes Messer, ist eine wichtige Börsenregel. Aber es ist auch müßig zu versuchen, den Markt zu timen: Den tiefsten Einstieg und höchsten Ausstieg zu erzielen ist mehr Glückssache als Strategie. Also, Bodenbildung abwarten und dann wieder durchstarten. Gerade langfristig steigen Aktien. Wenn sie Qualität haben.
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