Die Deutschen gelten als Urlaubsweltmeister. Sie verreisen gerne und entspannen sich, wenn sie die Welt entdecken. Angesichts der vielen Reisewarnungen stellt sich nun die Frage: Wie erholt man sich in der Pandemie? Courage hat mit der Psychologin Joline Baumbach gesprochen. Sie forscht an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg zum Thema Erholung und weiß, worauf diejenigen achten sollten, die ihren Urlaub diesmal zuhause verbringen.
Von Simone Gröneweg
Warum müssen wir uns eigentlich erholen?
Die Erholung in der Freizeit ist sehr wichtig, denn sie schützt gegen die Folgen von chronischem Stress. Befindet der Körper sich ständig in einem angespannten Zustand, schüttet er vermehrt Stresshormone aus, die unser Immunsystem schwächen können.
Der Urlaub dient also dazu, dass wir fit bleiben.
Ja, denn er ist wichtig für unser Wohlbefinden, unsere Leistungsfähigkeit und zum Aufbau von Ressourcen, die wir während der Arbeit und in stressigen Situationen verbrauchen. Wir erholen uns im Urlaub, weil wir längere Zeit nicht den arbeitsbedingten Stressfaktoren ausgesetzt sind. Außerdem regenerieren wir verbrauchte Ressourcen. Die Zeit während der Pandemie verlangt uns besonders viel ab. Da kann ein Urlaub dazu beitragen, dass wir uns regenerieren und erholen.
Viele klassische Urlaubsziele werden zu Risikogebieten erklärt. Mitunter artet das Buchen einer Reise schon im Stress aus. Wie geht man damit um?
Urlauber zu Corona-Zeiten sollten sich im Vorfeld klarmachen, dass dieser Urlaub anders aussehen wird als bislang. Es ist psychologisch hilfreich, wenn man mit Offenheit an die Urlaubszeit herangeht und nicht erwartet, dass alles so abläuft wie immer. Wer trotz der schwierigen Situation etwas bucht, sollte die Vorfreude auf den Urlaub genießen – auch zu Corona-Zeiten. Vorfreude trägt nämlich auch zur Erholung bei. Diejenigen sollten sich aber auch Dinge überlegen, auf die sie sich freuen, wenn die lang ersehnte Reise aufgrund von Corona abgesagt oder verschoben werden muss. Damit muss man schließlich rechnen.
Manche bleiben lieber zuhause. Reicht das, um sich zu erholen?
Interessanterweise konnte man in der Urlaubsforschung feststellen, dass „staycation“ nicht schlechter als „vacation“ ist. Wir müssen also für eine gute Erholung nicht zwangsläufig weit verreisen, solange wir auch zu Hause unseren Urlaub bewusst gestalten. Im Allgemeinen fällt es natürlich schwerer, sich gedanklich von der Arbeit zu trennen, wenn wir zu Hause bleiben. Oder man neigt eher dazu, Dinge zu erledigen, die man noch fertig machen muss – wie etwa die Steuererklärung.
Das stimmt. Wie lässt sich das vermeiden?
Wenn man seinen Urlaub zu Hause verbringt, sollte man bewusst darauf achten, dass man etwas für die eigene Erholung macht. Die Effort-Recovery-Theorie – eines der zentralen Modelle in der Erholungsforschung – besagt, dass wir uns erholen, wenn wir andere funktionale Systeme nutzen als in unserem normalen Arbeitsalltag. Das bedeutet: Wir entspannen uns, wenn wir im Urlaub möglichst den Kontrast zum Berufsalltag erleben.
Das klingt logisch, aber wie schafft man das?
Sport kann zum Beispiel als Ausgleich zu geistiger Arbeit dienen. Dadurch erholt man sich.

Quelle: Bartek Szewczyk/iStock
Also sollten Heim-Urlauber in ihrer freien Woche joggen?
Das wäre eine Idee. Man könnte sich zum Beispiel auch kleine Herausforderungen vornehmen und versuchen, die zu erreichen. Wir empfinden dabei ein Erfolgserlebnis und das Gefühl von „Jetzt habe ich etwas geschafft!”. Das steigert die Erholung. So baut man Ressourcen auf und stärkt auch das Selbstbewusstsein. Man könnte auch bewusst kleine Abenteuer in den Urlaub integrieren und zum Beispiel die eigene Stadt erkunden. Eine Möglichkeit wäre etwa, bewusst ein anderes Viertel aufzusuchen, eine neue Sportart auszuprobieren oder unbekannte Restaurants zu besuchen, und zwar ohne vorher im Netz nach den Bewertungen von anderen Gästen zu suchen. Wer das macht, profitiert davon, dass er sich bewusst auf neue Sachen einlässt und offen für neue Erfahrungen ist. Die kann man auch gerne mit anderen teilen.
Warum ist das wichtig?
Wenn man Freunde und Verwandte daran teilhaben lässt, erlebt man Verbundenheit. Das ist ein menschliches Grundbedürfnis. Gleichzeitig werden dadurch gemeinsame Erinnerungen geschaffen, die unsere Erholung aus dem Urlaub auch für die Zeit nach dem Urlaub konservieren. Dadurch hält der Urlaubseffekt länger an.

Quelle: privat
Die Psychologin Joline Baumbach forscht an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg zum Thema Erholung und weiß, worauf diejenigen achten sollten, die ihren Urlaub diesmal zuhause verbringen.
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