So langsam kommt der Sommer ins Land. Überall strecken die Pflanzen uns ihre bunten Blütenköpfchen entgegen. Wiesen sind bestückt mit Margeriten, und an Ackerrändern ist die blau-rote Kombination von Kornblume und Mohn ein Farbenrausch.
Aber es scheint so, als ob bei der Verteilung von Schönheit und Farbe einige Pflänzlein leer ausgegangen sind. Und die Exemplare, die außer Grün nichts vorzuweisen haben, gehen optisch neben ihren schönen Verwandten förmlich unter. Dabei sollten wir da genau hinschauen.
Von Michaela Marx
Unscheinbar, aber doch mit Blüte
Diese unscheinbare Pflanze mit den spitzen, messerförmigen Blättern, in einer Rosette angeordnet, das ist der Spitzwegerich. Er wächst in jedem Garten und auf jeder Wiese. Auch wenn seine hübschen Nachbarinnen bunte Blüten zeigen, der Spitzwegerich hat auch eine Blüte.
Spitzwegerich roh oder gedünstet
Der Stiel, der in der Mitte emporwächst und oben einen kleinen Kegel aufsitzen hat, das ist der Blütenstand. Und wenn dieser noch ganz grün ist, kann man ihn probieren. Er schmeckt hervorragend nach Champignon. Es lohnt sich zu sammeln und die Spitzwegerich-Blüten entweder roh oder angedünstet in eine Mahlzeit einzubauen.
Wichtige Outdoor-Pflanze
Falls man beim Ernten eine Brennnessel berührt hat, liefert der Spitzwegerich gleich die nötige Medizin, um die brennende Hautstelle zu behandeln. Einfach ein Blatt so lange quetschen, bis Saft austritt und dann auf die Stelle legen, innerhalb weniger Minuten spürt man nichts mehr. Die hautheilenden Eigenschaften des Wegerichs lassen ihn zu einer wichtigen Outdoor-Pflanze werden. Es funktioniert auch bei Insektenstichen oder bei aufgeschürften Knien.
Das ist aber noch nicht alles. Denn auch die Blätter kann man essen. Am besten nimmt man immer die jungen Zarten aus der Mitte der Rosette. Dann kann die Pflanze in Ruhe weiterwachsen. Diese zarten Blätter haben ebenfalls einen leichten Pilzgeschmack und können roh gegessen werden.
Spitzwegerich-Süppchen
Aber auch gekocht behalten sie ihr feines Aroma. So ist ein Spitzwegerich-Süppchen garniert mit den gebratenen Blütenständen, ein tolles Geschmackserlebnis (Suppe: Ein Liter Wasser mit drei mittleren Kartoffeln aufkochen, leicht salzen, am Ende des Kochvorganges eine Handvoll Spitzwegerichblätter zugeben, nach drei Minuten pürieren, würzen, ein Klecks Sahne dazu).
Wohlschmeckender Hustensirup aus Spitzwegerich
Der Spitzwegerich ist zudem eine berühmte Heilpflanze. Er enthält ein natürliches Antibiotikum. Das hilft hervorragend bei bakteriellen Infektionen wie Husten oder Halsweh.
Aber als Tee geht das nicht, denn Hitze zerstört den wertvollen Inhaltsstoff. Deshalb machen wir ein Rezept aus alten Zeiten, genannt Erdkammersirup. Wir schichten kleingeschnittene Spitzwegerichblätter in ein Glas, rund 0,5 Zentimeter hoch und geben dann 0,5 Zentimeter Zucker oder Honig drauf. So schichtet man bis oben hin, die letzte Schicht muss immer abdeckend sein, keine Pflanzenteile dürfen rausschauen. Einen Deckel fest drauf schrauben.
Das Ganze hat man früher im Garten vergraben, der warme sommerliche Erdboden beschleunigt nun den Prozess, der Zucker verflüssigt sich, da die wertvollen Inhaltsstoffe der Pflanze ausgezogen werden. Es reicht übrigens auch, das Glas in einen dunklen Schrank an einem warmen Ort aufzubewahren.
Nach rund vier bis fünf Monaten siebt man das Ganze ab, es bleibt ein dunkelbrauner, wohlschmeckender Hustensirup, der nach Bedarf eingenommen wird.
Das hat man diesem Wegerich von außen nicht angesehen, was der alles kann. Sie ist eine super Pflanze zum Essen und Heilen. Eine schöne Blüte hat sie übrigens nicht, weil hier der Wind als Liebesbote die Pollen von einer Pflanze zur anderen trägt.
Vielen Dank für diese schöne Liebeserklärung!