Der Cerealien-Markt ist gesättigt? Von wegen. Mit hochwertigen leckeren Produkten kann man auch hier erfolgreich sein. Den besten Beweis liefern Caroline und Tim Nichols von 3Bears. Mit ihren zuckerfreien Porridge-Kreationen – inspired by UK und made in Germany – konnten sie 2017 in der VOX-Show „Die Höhle der Löwen“ Frank Thelen und Judith Williams als Investoren gewinnen. Sie investierten 150.000 Euro für 30 Prozent der Firmenanteile.
Heute findet man 3Bears Porridge u.a. in den Regalen von Edeka, Rewe und Müller. Wie das Ehepaar den Frühstücksflocken-Markt eroberte, wie sie Business und Kindererziehung unter einen Hut bekommen und welchen Paaren sie dringend von der Gründung eines gemeinsamen Business abraten.
Von Sandra Berthaler
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, ein gemeinsames Unternehmen zu gründen? Wer von euch hatte die Geschäftsidee?
Caroline: Tim und ich haben uns vor 13 Jahren in England bei Siemens kennengelernt, als ich dort ein Praktikum gemacht habe. Wir lebten dann lange in London. Ich habe dort bereits in der Food-Branche gearbeitet.
In dieser Zeit hat Tim für den Ironman trainiert. Ich war auch viel laufen und wir haben uns bewusst ernährt. Da fiel uns irgendwie ständig das Thema Porridge vor die Füße. Porridge ist ein Riesentrend in Großbritannien und wir haben ganz persönlich festgestellt, dass wir uns damit viel besser fühlen als mit Brezen, Brot und Semmeln.
Tim wollte immer ein eigenes Business haben. Ich hatte mir über Gründen ehrlich gesagt keine großen Gedanken gemacht zuvor. Aber als wir dann nach einigen Monaten in Brügge im Urlaub waren, ist mir bei ein paar belgischen Bier die Idee gekommen, eine eigene Porridge-Bar zu eröffnen. Das war eigentlich der Anfang von 3Bears.
Je mehr wir über Porridge und Gründen nachdachten, umso weiter kamen wir nämlich von der kleinen Bar weg und hin zu gesunden und leckeren Trockenmischungen, die man im Supermarkt kaufen kann.
Tim: Die Idee zu gründen, kam schon von uns beiden. Wir waren zu dem Zeitpunkt sechs oder sieben Jahre zusammen und stellten fest, dass wir über sehr unterschiedliche, kompatible Fähigkeiten verfügen.
Caroline ist eine super Networkerin und hat ihre Schwerpunkte in Sales und Marketing, abgesehen davon, dass sie einfach ein „Foodie“ ist und Rezepte entwickelt, während ich lieber Prozesse und Finanzen steuere. So wurde uns klar, dass wir eigentlich gut zusammen ein Business gründen könnten.
Wir hatten eine Reihe von Ideen, aber die waren entweder zu riskant oder nicht umsetzbar. Aber wir lieben beide Porridge, vor allem weil es so gesund ist und leicht zuzubereiten. Zum Glück hat das belgische Bier dann Caroline auf die Idee gebracht, dass das ein super Geschäftsfeld wäre. Wir haben einen Businessplan erstellt und uns dazu entschieden, so Leckeres wie gesundes Porridge in deutschen Supermärkten anzubieten.
Wer von euch hatte vor der Gründung die größten Zweifel?
Caroline: Ich bin vom Charakter her eher diejenige, die auf Sicherheit setzt, mehr grübelt und sich auch mal Sorgen macht. Deshalb machte ich mir mehr Gedanken, meinen sicheren Job zu verlassen. Tim hingegen war schon immer der von uns beiden mit den großen Ideen.
Wenn es dann wirklich an die Planung geht, bin ich wiederum oftmals die treibende Kraft. Da ergänzen wir uns sehr gut. Als ich nach der ersten Idee den Porridge-Markt analysiert habe, stellte ich fest, dass es da ein Bedürfnis gibt, das keiner stillt. Mit dieser Erkenntnis waren alle Zweifel schnell verschwunden.
Tim: Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich wirkliche Zweifel hatte. Das Timing war perfekt. Ich war schon in London selbstständig und hatte Erfahrung darin, ein eigenes Business zu führen. Als wir dann nach Deutschland gezogen sind, waren wir hochmotiviert und voller Energie, unseren Traum wahr werden zu lassen.
Er ist der Perfektionist, sie die Macherin
Wo seht ihr die Stärken und Schwächen eures Mannes/eurer Frau als Geschäftspartner?
Caroline: Tims große Stärke ist, dass er wahnsinnig strukturiert, analytisch und prozessorientiert arbeitet. Er ist ein Perfektionist, handelt sehr überlegt und will, dass alles maximal effizient funktioniert. Ich hingegen bin eher die Macherin, ich mache also viele Dinge, aber diese wirklich in einen Prozess zu gießen und zu optimieren, ist dann eher Tims Aufgabe.
Seine Schwäche ist witzigerweise die Umsetzung. Er hat wahnsinnig viele Ideen, die er mir gerne zuwirft. Aber die Konzepte, ob und wie wir diese Ideen umsetzen könnten, entwickle dann ich.
Tim: Caroline ist unglaublich gut im Networking und kann Menschen schnell von einer Idee überzeugen. Das ist nicht so mein Ding. Und eine ihrer Schwächen ist, wie sie selbst gesagt hat, dass sie vieles einfach macht, ohne sich lange über Prozesse Gedanken zu machen. Für mich mag das manchmal fast schon frustrierend sein, aber andererseits ist das auch der Spirit eines Start-ups.
Seid ihr beide für alles zuständig oder übernimmt jeder einen bestimmten Bereich?
Caroline: Das ist bei uns ganz klar getrennt. Am Anfang, als wir noch keine Mitarbeiter hatten, habe ich Marketing, Sales und Logistik übernommen und Tim war für die IT, die Finanzen und die prozessorientierten Themen zuständig. Das ist im Grunde so geblieben, aber heute haben wir Manager für alle Bereiche, die an uns reporten.
Wie trefft ihr Entscheidungen, wenn ihr euch nicht einig sind?
Tim: Da wir die Themengebiete nach unseren persönlichen Stärken aufgeteilt haben, trifft auch jeder in seinem Zuständigkeitsbereich letztendlich die Entscheidungen. Für schwierigere, übergreifende Themen haben wir eine Art Leadership-Team, das uns mit seinen unterschiedlichen Meinungen und Einschätzungen unterstützt.
Caroline: Manchmal war das echt schwierig. Da die Trennung von Beruf und Privatleben bei uns nicht so leicht ist, haben wir viele berufliche Diskussionen mit nach Hause genommen. Aber seit wir ein Management-Team haben, ist das anders.
Die Entscheidungen im Team laufen demokratisch ab, die Mehrheitsmeinung zählt. Natürlich hat in diesen Besprechungen das Wort eines Experten zum Beispiel aus dem Bereich E‑Commerce eine besondere Bedeutung, da wir alle auf das Wissen von Könnerinnen und Könnern setzen in den jeweiligen Bereichen.
„Die besten Ideen kommen uns im Privaten“
Könnt ihr Privat- und Geschäftsleben gut trennen?
Tim: Ich denke, das Tolle an Gründerpaaren ist, dass wir uns in- und auswendig kennen und uns wirklich gegenseitig die Wahrheit sagen können. Das wäre bei einem reinen Geschäftspartner nicht so einfach. Als wir mit 3Bears angefangen haben, haben wir ständig übers Business geredet. Also haben wir manche Tage zu „Porridge-freien“ Tagen erklärt. Wir hatten sogar ein Sparschwein, in das man Geld werfen musste, wenn man das Wort Porridge auch nur erwähnt hat.
Aber dann hatten wir ein interessantes Gespräch mit einem anderen Gründer, der meinte: „Wenn ihr beide so gerne über euer Business redet, warum solltet ihr dann krampfhaft versuchen, es zu Hause nicht zu tun?“ Das war ein wirklich guter Punkt. Also machen wir das jetzt auch.
Caroline: Ich glaube sogar, dass es eine große Stärke und ein Vorteil ist, als Paar zu gründen, weil uns oft im Privaten die besten Ideen kommen. Die ploppen ja nicht plötzlich auf, nur weil man in einem Meeting sitzt und einem in der nächsten Stunde etwas einfallen muss, sondern zum Beispiel auf einer Fahrradtour, wenn der Kopf frei ist.
Wir verbieten es uns also nicht mehr so strikt, auch daheim übers Geschäftliche zu sprechen. Aber seit der Geburt unseres Sohnes Leon sind uns jetzt sowieso wieder ganz andere Themen wichtig geworden.
Was passiert mit eurem Unternehmen, falls ihr euch als Paar trennen solltet?
Caroline: Ehrlich gesagt, haben wir darüber noch nicht so detailliert gesprochen. Vertraglich ist natürlich geregelt, dass wir genau gleiche Anteile am Unternehmen halten. Aber im Fall einer Trennung müssten wir uns dann darauf einigen, wer 3Bears weiterführen möchte.
Tim: 3Bears ist für uns wie ein Baby. Es kommt jetzt langsam in die Pubertät. Wir haben mittlerweile ein Team aus 30 Mitarbeitern*innen, die ebenfalls Entscheidungen treffen können. Caroline und ich können also ein bisschen loslassen und müssen nicht mehr ständig überall präsent sein.
„Wir teilen Business und Kindererziehung 50/50“
Ihr habt ein Kind, wie teilt ihr euch Arbeit und Erziehung auf?
Caroline: Wenn man eine eigene Firma hat, kann man nicht einfach sagen, ich bin jetzt mal für ein Jahr raus und steig dann wieder ein. Uns war es wichtig, dass wir uns das Business und die Erziehung unseres Sohnes 50/50 aufteilen. Das war und ist sehr bereichernd für uns und unseren Sohn.
Tim: Da meine Arbeit projektbezogener ist, konnte ich die vergangenen Monate viel Zeit zu Hause bei Leon verbringen. Das habe ich auch sehr genossen.
Hattet ihr dann so etwas wie eine Elternzeit?
Caroline: Nicht wirklich. Ich hatte eine geplant, aber dann habe ich doch schon wieder von zu Hause aus gearbeitet. Durch Corona waren wir sowieso beide komplett zu Hause. Da war Leon dann einfach mal bei Business Calls dabei. Aber da es anderen Eltern nicht anders ging, ist das mittlerweile relativ normal geworden.
Hattet ihr jemals Probleme, eine Finanzierung zu erhalten oder einen Investor zu finden, weil ihr ein Paar seid?
Tim: Durch unsere Teilnahme bei „Die Höhle der Löwen“ vor drei Jahren haben wir Judith Williams und Frank Thelen als Investoren gewonnen. Insofern war das kein Problem für uns. Ehrlich gesagt sehe ich auch kein Problem darin, in ein Gründerpaar zu investieren.
Caroline und ich kennen uns so gut und verbringen so viel Zeit miteinander, in der wir an unserem Business arbeiten. Eigentlich sieben Tage die Woche. Darin sehe ich eher einen Vorteil für Investoren.
Caroline: Man muss sich als Paar wirklich genau überlegen, ob man gemeinsam ein Business gründen möchte. Man muss sich gut verstehen, sehr komplementär sein und Konflikte lösen können. Es gibt auch Paare, die froh sind, wenn sie ihren Partner nicht auch noch auf der Arbeit sehen. Wir empfinden es eher als Bereicherung, dass wir so viel Zeit miteinander verbringen dürfen.
Ich habe auch schon von Gründerpaaren gehört, die streiten, weil einer denkt, er arbeite mehr als der andere. So was gibt es bei uns nicht, auch weil wir für verschiedene Bereiche zuständig sind und komplett unterschiedlich arbeiten. Ich bin zum Beispiel Frühaufsteher, Tim arbeitet lieber spät. Jeder arbeitet auf seine Art und Weise und so funktioniert alles am besten.

„Die Höhle der Löwen“ war die beste Entscheidung für 3Bears Quelle: Alexey Testov/3Bears
War eure Teilnahme bei „Die Höhle der Löwen“ die beste Entscheidung eures Lebens?
Caroline: Es war vielleicht nicht die beste Entscheidung unseres Lebens, aber für das Leben von 3Bears. Das Unternehmen war damals erst sechs Monate alt. Den Push so früh zu bekommen und mit Frank und Judith das Know-how zweier so strategischen Investoren zu erhalten, war auf jeden Fall der richtige Weg. Ich würde es wieder machen.
Tim: Ich war erst nicht so begeistert von der Idee, in „Die Höhle der Löwen“ aufzutreten, weil ich nicht so gut Deutsch spreche. Aber im Nachhinein bin ich sehr glücklich mit unserer Entscheidung, dort mitzumachen. Die TV-Show hat 3Bears die Bekanntheit gebracht, die wir dringend gebraucht haben. Wenn du so eine Chance bekommst, musst du zugreifen.
Wie habt ihr euer Unternehmen finanziert, habt ihr privates Kapital eingebracht?
Caroline: Wir sind mit 10.000 Euro gestartet, die wir etwa zu gleichen Teilen investiert haben. Das ist echt nicht viel. Und ab unserer Teilnahme bei „Die Höhle der Löwen“ konnten wir uns dann selbst finanzieren. Geld war also nie ein Streitthema für uns. Wir zahlen uns auch das gleiche Gehalt aus.
Was sind eure wichtigsten Learnings (Dos und Don’ts) als Gründerpaar?
Tim: Als Paar muss man dennoch auch Geschäftspartner sein, wenn man gemeinsam gründen möchte. Also einfach ganz klar und objektiv abstecken: Was kann wer? Welche Zuständigkeit hat wer? Wollen wir beide auch das Gleiche und wollen wir beide auch gleich viel Energie und Kraft investieren?
Wenn man diese Themen durchspricht, dann hat man schnell viel Einsicht, ob man zusammen gründen kann oder nicht. Und dann kann man auch gut von anderen gesagt bekommen ‚Das traut ihr euch, als Paar zu gründen?‘, denn man gründet natürlich als Partner, aber vor allem als Businesspartner.
Caroline: Ich glaube nicht, dass es die perfekten Tipps für Gründerpaare gibt. Jedes Paar muss seine eigenen Regeln aufstellen. Dabei darf man nicht vergessen, dass Gründen ein Prozess ist, in den man sich erst einfinden muss – gerade wenn man vorher noch nie beruflich zusammengearbeitet hat.
Vielleicht wäre es wie Tim sagt, sinnvoll, sich vorher gemeinsam hinzusetzen und einen Businessplan zu schreiben, in dem man seine Ideen genau formulieren muss. Da merkt man meist schon, ob man dasselbe will und kann Fragen diskutieren wie: Wer übernimmt welchen Bereich? Wer bringt welche Qualitäten ein und will wirklich 150 Prozent geben? So ein Businessplan ist der beste Test um festzustellen, ob man die gleichen Vorstellungen davon hat, wie man Business macht.
„Paare mit ähnlichen Fähigkeiten sollten nicht gemeinsam gründen“
Welche Paare sollten niemals gemeinsam gründen?
Tim: Paare, die über sehr ähnliche Fähigkeiten verfügen, sollten vielleicht nicht gemeinsam gründen – außer sie können von Anfang an ganz genau trennen, wer für welchen Bereich zuständig sein wird. Auch wenn einer tendenziell mehr arbeitet als der andere oder man sich schwertut, Kompromisse zu schließen, würde ich die Finger von einem gemeinsamen Business lassen.
Caroline: Paare, die oft aneinandergeraten oder einen komplett unterschiedlichen Kommunikationsstil pflegen, sollten besser nicht gemeinsam gründen. Man sollte sich vorher anschauen, wie man miteinander unter Druck spricht und arbeitet und wie man generell mit Stress-Situationen umgeht. Tim und ich ticken da sehr gleich. Wir waren beispielsweise sechs Monate zusammen mit dem Rucksack auf Reisen und haben die gemeinsame Zeit und die Herausforderungen unterwegs sehr genossen. Wir haben kein Problem mit Veränderungen. Unser Leben steht nie still.
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