Mit Crowdfunding lassen sich Projekte, innovative Ideen oder Start-ups finanzieren. Der Gedanke dahinter: Eine Vielzahl von Menschen unterstützt ein Projekt mit Geld. Crowdfunding wird darum auch als Schwarmfinanzierung bezeichnet.
Katharina Freundorfer, die das erste Zero-Waste-Café in München eröffnen möchte, hat Crowdfunding genutzt, um ihrem Traum vom eigenen Café ein Stückchen näher zu kommen. In Courage berichtet sie darüber, wie sie ihr Funding mit einer Schnitzeljagd durch München bekannter machen wollte, warum sie den Kampagnenstart in den Herbst verschoben hat und warum es eigentlich gar nicht erster Linie ums Geld geht.
Von Astrid Zehbe
Liebe Kathi, Du hast im September ein Crowdfunding gestartet, um Deine Idee eines Zero-Waste-Cafés in München teilweise zu finanzieren. Wieso hast Du diesen Weg gewählt – Du hättest ja auch einfach zur Bank gehen können?
Katharina Freundorfer: Ich finde die Idee klasse, zusammen etwas umzusetzen, Unterstützer zu finden, die sich auch für Müllvermeidung in der Gastronomie begeistern und sich gerne so ein Café in München wünschen. Es ist so toll zu sehen, dass die Menschen bereit sind einen Gutschein zu kaufen, um die Idee zu realisieren.
Wenn ich nur zu Bank gegangen wäre, wäre der Gedanke in meinem Kopf „Dafür interessiert sich doch keiner und diese Idee hat keine große Zielgruppe” viel größer gewesen. So bin ich gezwungen, mit meiner Idee rauszugehen und es macht so Spaß, die positiven Reaktionen und Antworten zu bekommen.
Du hattest ein sogenanntes Funding-Ziel von 10.000 Euro – das hast du mittlerweile erreicht. Warst Du nervös, ob es Dir gelingen wird?
Total! Ich habe gepostet, dass noch ein kleiner Teil fehlt und dann hat eine Freundin mir geschrieben: „Du hast dein erstes Ziel jetzt erreicht.“ Da habe ich mich so unglaublich gefreut und gleich einen kleinen Freudentanz aufgeführt.
Wie hast Du Dich vorbereitet auf das Crowdfunding und wie lange hat die Planung gedauert?
Die Vorbereitungen haben etwa eineinhalb Monate gedauert. Durch Corona haben wir etwas später gestartet und konnten noch mehr Feinschliff bei den Blogartikeln und beim Videoschnitt vornehmen.
Für den Auftritt bei der Crowdfunding-Plattform musste ich ja einen kleinen Film drehen. Corona hat die Drehplanung ziemlich durcheinandergewirbelt, ich wollte aber den Drehtermin nicht verschieben. So haben wir einfach mit kleinerer Besetzung gedreht.
Was hast Du alles unternommen, um Dein Crowdfunding bekannt zu machen?
Ich habe eine PR- und eine Multiplikatorenliste, die ich angeschrieben habe. So kamen Interviews in Radios, Podcasts und auch Instagram-Postings zustande. Viele Blogger haben das „Oh Circle“-Crowdfunding in ihrer Story geteilt.
Daneben habe ich eine Schnitzeljagd auf dem Rad durch München veranstaltet, Menschen angesprochen und wenige (Altpapier-)Flyer verteilt und von meiner Idee erzählt. Außerdem habe ich noch all meinen Verwandten und Bekannten geschrieben und davon erzählt.
Was hat Dich am meisten gestresst?
Am verrücktesten ist, dass man jeden Tag Social Media Content liefern könnte und sollte. Das ist so eine Mühle und viel mehr Arbeit als man denkt. Außerdem fällt es mir immer noch schwer, meine eigene Stimme anzuhören oder mich in Videos anzuschauen. Das klingt echt etwas komisch, aber davor drücke ich mich immer ein paar Stunden, bevor ich es mir ansehen oder anhören kann.
Du wolltest ursprünglich im Sommer mit dem Crowdfunding starten, warum hast du es nach hinten verschoben?
Wegen Corona und dem sogenannten Sommerloch. Viele sind auch trotz Corona in den Urlaub gefahren oder verbringen jeden Tag am See, deshalb wird erfahrungsgemäß weniger Zeit online verbracht. Der Herbst ist daher ein besserer Startzeitpunkt für ein Crowdfunding.
Kostet es Gebühren, ein Crowdfunding durchzuführen?
Ja, ich muss bei erfolgreicher Kampagne sieben Prozent an die Plattform abgeben und auch Steuern bezahlen.
Inwiefern hilft die Plattform beim Erreichen des Funding-Ziels? Machen die auch Werbung und unterstützen Dich?
Um ein Crowdfunding erfolgreich zu machen, muss man vor allem auf die eigene Community setzen und selbst das Marketing für die Kampagne machen. Wenn man schnell ein Drittel seines Ziels erreicht, dann hat man die Chance, dass man auf die „Empfehlungs-Seite“ der Plattform kommt, doch darauf sollte man sich nicht verlassen.
Projekte, die die Plattformbetreiber gut finden, werden auch manchmal mit einem Post hervorgehoben. Ich hatte das Glück, dass das bei „Oh Circle“ auch der Fall war.
Für jede Spende erhält man sogenannte Dankeschöns – zum Beispiel einen selbstbedruckten Jutebeutel für 15 Euro oder ein Brunch aus geretteten Lebensmitteln für 30 Euro. Für 100 Euro kann man ein Getränk taufen. Wie bist Du auf die Ideen gekommen und wie wichtig ist es, gute Dankeschöns zu haben?
Ich habe mich auch bei anderen Crowdfundings inspirieren lassen und geschaut, welche Dankeschöns beliebt sind. Es ist richtig gut, Dankeschöns in verschiedenen Preisklassen zu haben. Die Menschen wollen gute Ideen unterstützen und bei dem „Taufe ein Getränk“ merkt man auch, dass sie sich gerne „mitverewigen“ wollen, ein Teil der Idee werden wollen.
Was willst Du mit dem eingesammelten Geld alles finanzieren?
Wir brauchen die Unterstützung für die Ausstattung mit einem sogenannten Food Processor zur Herstellung von hausgemachter Hafermilch sowie die Café-Einrichtung mit gebrauchten Möbeln, Second-Hand-Geschirr, die Etablierung eines plastikfreien Warenlagers mit Spender für trockene Lebensmittel sowie des Münchner-Zero-Waste-Stammtischs.
Deine zweite Funding-Schwelle liegt bei 20.000 Euro. Was willst Du mit dem zusätzlichen Geld finanzieren?
Wenn wir das zweite Funding-Ziel erreichen, können wir sogar die finanzielle Unterstützung für die Ablöse einer Immobilie nutzen, eine Kaffeemaschine und ‑mühle für unsere unverpackten Kaffeebohnen kaufen, eine Shopecke mit Zero-Waste-Produkten einrichten und mit Marketing- und Öffentlichkeitsmaßnahmen Zero-Waste-Veranstaltungen groß machen.
Wozu dient diese zweite Funding-Schwelle?
Das zweite Funding-Ziel ist nicht so wichtig, wie das erste Ziel. Beim ersten gilt: alles oder nichts. Das bedeutet, wenn man das erste Ziel nicht erreicht, bekommt man nichts. Das zweite Ziel gilt als flexible Kampagne. Man erhält das gesamte Geld egal, ob das zweite Ziel erreicht wurde oder nicht.
Viele Kampagnen haben daher auch einfach nur ein Funding-Ziel. Für mich ist das zweite Funding-Ziel trotzdem wichtig, um noch einen Teil der Ablöse für eine Immobilie zu finanzieren.
Musst du das Geld aus dem Crowdfunding versteuern?
Ja, es fällt Umsatzsteuer an – genau wie es auch bei gekauften Produkten / Gutscheinen der Fall ist, da es ja eine Gegenleistung gibt. Nur bei Unterstützung ohne eine Gegenleistung, also der freien Unterstützung, und wenn man „Gutes Karma“ als Geschenk wählt, müssen wir keine Steuern zahlen, da es sich um eine umsatzsteuerfreie Unterstützung handelt. Das Geld wird aber trotzdem als Einkommen gewertet und ich muss als Privatperson darauf Einkommenssteuer zahlen.
Gab es rückblickend etwas, dass dich überrascht hat?
Mich hat es überrascht, dass so ein Drive von dem Projekt und der Idee ausgeht. Zusammen mit Startnext eine solche Onlinekampagne zu starten, ist wirklich toll! Es ist auch sehr viel Arbeit, aber ich finde es so toll zu sehen, dass eine Onlinekampagne so gut funktionieren kann. Und wir auch online die Verbindung und Unterstützung bekommen, die wir brauchen.
Was würdest du anderen Gründern und Gründerinnen raten, die selbst mit dem Gedanken spielen, ein Crowdfunding zu machen?
Ich denke, es gibt Projekte, die geeigneter sind für eine Crowdfunding, und welche, die weniger geeignet sind. Generell, finde ich, sollte man es nicht als einziges Ziel sehen, das Geld einzusammeln. Sondern es eher als ein Marketing-Instrument sehen, dass die eigene Community motiviert, die Idee und das Produkt zu verbreiten.
Außerdem sollte man sich umhören, ob es in der eigenen Stadt eine Beratungs- und Fördermöglichkeit dafür gibt. Und noch zur aktuellen Corona-Situation, da ist es gar keine schlechte Möglichkeit, nun online etwas anzustoßen.
Wieso hast Du Dich für die Crowdfunding-Plattform Startnext entschieden?
Es gibt auch noch Kickstarter, welche internationaler und technischer orientiert ist. Ich habe Startnext gewählt, da hier vor allem nachhaltige Projekte vertreten sind, und außerdem ist sie sehr bekannt im deutschsprachigen Raum. Ich war sehr zufrieden mit Startnext, wurde super von ihnen betreut und sie sind immer für einen da, wenn man Fragen hat.
Mehr über Katharina Freundorfer und ihre Geschäftsidee, die Gründungsphase und die Entwicklung ihres Unternehmens:
Ich würde mich gern finanziell beteiligen. Wie stelle ich das an?
Bitte nennen Sie das geplante Café nicht ZeroWaste — wir haben guten deutschen Ausdruck dafür: Café Unverpackt, gibt es auch schon öfter.