Großes Unternehmen – große Wirkung? Das verspricht sich die Size-Strategie. Aber wie immer hat auch an der Börse die Medaille zwei Seiten. Schauen wir auf die Pros und Cons dieser Strategie.
Von Antje Erhard
Eine Anlage-Strategie ist dein persönlicher Investitions-Fahrplan. Von solchen Strategien gibt es viele verschiedene. Welche Anlage-Strategie zu dir passt, hängt von deinen Anlagezielen, deinen Rendite-Erwartungen und deiner Risikobereitschaft ab. Es gibt Strategien, die sind für ein regelmäßiges zusätzliches Einkommen gemacht, zum Beispiel eine Dividenden-Strategien. Andere setzen auf Wachstum.
Die Size-Strategie bedeutet, auf große, umsatzstarke Unternehmen mit hoher Marktkapitalisierung zu setzen. Der Gedanke dahinter: Je größer ein Unternehmen, umso größer ist auch der Umsatz und desto rentabler ist es. Auch diese Strategie hat damit ihre Vor- und Nachteile.
Große Unternehmen – sie werden auch Blue Chips genannt – bieten ein relatives Maß an Sicherheit durch hohe Umsätze und stabile Erträge. Auch durch weniger Kursschwankungen. Garantiert sind die aber nicht, wie man in der Corona-Krise gesehen hat. Was aber sehr für große Unternehmen spricht, ist ihr hoher Anteil an institutionellen Investoren: Das sind Versicherer oder Pensionsfonds, die Kapital langfristig und möglichst sicher anlegen wollen und daher als langfristig verlässlich gelten.
Ein weiterer Vorteil großer Unternehmen ist es, dass sie meist eher in der Lage sind, ihren Aktionär:innen Dividenden zu zahlen. Wer solide wirtschaftet und wächst, kann das. Start ups und junge Unternehmen können das meist nicht. Doch auch Dividenden sind nicht in Stein gemeißelt. Die Pandemie hat gezeigt, dass auch große, solide Unternehmen ihre Dividende kürzen oder streichen können.
Wenn Realwirtschaft auf Erwartung trifft
Und die Corona-Pandemie zeigt, dass auch große Unternehmen nicht von Krisen verschont werden – und nicht von den damit einhergehenden Kursrutschen. Nicht alle Sektoren, nicht alle großen Unternehmen, haben sich bis dato erholt. So schrumpfte die deutsche Wirtschaft allein im vierten Quartal 2021 um 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Und das betrifft vor allem den Einzelhandel, das Hotelgewerbe und die Gastronomie. Der private Konsum zum Beispiel lässt nach. Und da viele Vorprodukte und Rohstoffe in der Industrie fehlen, können die vollen Auftragsbücher in vielen Unternehmen nicht schnell genug bearbeitet werden.
Kettenreaktionen in der Realwirtschaft
Gerade die aktuelle wirtschaftliche Lage zeigt, welche Kettenreaktionen in der Realwirtschaft entstehen. Konkretes Beispiel: Durch Lieferengpässe fehlen der Automobil-Industrie Halbleiter. Das Problem verschärfte sich im zweiten Halbjahr des letzten Jahres so sehr, dass europaweit die Zahl der Neuzulassungen um 2,4 Prozent auf 9,7 Millionen Autos gesunken ist. Die knappen Halbleiter waren der Hauptgrund, dass viele Hersteller ihre Produktion drosseln mussten. Das wiederum schlug auch auf die Zulieferer durch. Neben den fehlenden Halbleitern machen der Branche auch andere knappe Vorprodukte und Rohstoffe, aber auch die steigenden Energiepreise zu schaffen.
So ist im Jahresvergleich der Ölpreis der Nordseesorte Brent um 72 Prozent gestiegen, Gas um 79 Prozent, Aluminium um 54 und Kupfer um 24 Prozent. Die Inflation in der Eurozone von 5,1 Prozent im Jahresvergleich lag dann auch deutlich über den Erwartungen von 4,4 Prozent. „Die Gefahr besteht darin, dass je länger die Rohstoffpreise hoch bleiben, desto mehr Zweitrundeneffekte auftreten“, kommentiert Jim Reid von der Deutschen Bank.
Für die Size-Strategie spricht andererseits, dass sich große Aktien von Kursrutschen schnell erholen. So geschehen nach dem Corona-Crash im Frühjahr 2020. Aber ein Blick auf die Börsenhistorie von fünf Jahren zeigt auch: Gerade mittelgroße Unternehmen machen die Pace. So gewinnt der DAX auf Sicht von fünf Jahren stattliche 32 Prozent, die mittelgroßen Aktien im MDAX aber sogar 51,2 Prozent, die kleinen im SDAX 53 Prozent. Heißt also: Die großen kommen (auch) schnell raus aus der Krise, aber auf längere Sicht sind sie gute, doch nicht sehr gute Performer.
Size-Effekt: Kleines Unternehmen – große Wirkung?
Dann gibt es noch den Size-Effekt: Danach sollen Aktien von kleinen Unternehmen bessere Renditen liefern, weil die so genannten Small Caps häufig recht stark wachsen als große Tanker. Und gerade kleine Unternehmen werden häufig Objekte von Übernahmen. Solche Phantasien sind ein Kurstreiber.
Aber halt: Zu schnelles Handeln, sprich Verkaufen, ist einer der großen Fehler, die viele Anleger:innen machen, wenn es mal nicht so ganz rund läuft. Lass dich nicht von deinen Emotionen lenken, sondern bleib deiner Strategie, wenn du an sie glaubst, treu. Geringe Verluste gilt es aushalten zu können. Denn die Börse ist keine Einbahnstraße. Alter Kalauer – aber wahr.
Achtung, Gebührenfalle
Außerdem: Wenn du ständig kaufst und verkaufst, zahlst du eine Menge Gebühren. Es kann zwar sein, dass dein Broker dir wenig bis – unter bestimmten Bedingungen — gar nichts pro Transaktion berechnet. Aber eins ist gewiss: There is no free lunch. Meist legst du dann an hohen Spreads drauf: Das bedeutet dann, dass die Spanne zwischen Kauf- und Verkaufkurs sehr hoch ist. Langfristig spielt das eine untergeordnete Rolle. Aber kurzfristig geht es ins Geld.
Courage-Tipp: Zu den Gebühren eines Wertpapiergeschäfts haben wir gerade einen Beitrag geschrieben. Schau mal hier.
Zusammenfassung: Die Size-Strategie ist simpel – aber nicht einfach. Große Unternehmen sind auch für Anfänger:innen evaluiert. Die Frage ist, ob diese Aktien die Erwartungen erfüllen. Und wie du damit umgehst. Solide Blue Chips, die ihr Geschäftsmodell schon länger unter Beweis stellen, solide wachsen, aber vielleicht keine Kursraketen (mehr) sind, können durch aus Sinn in einem gut diversifizierten Portfolio machen.
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