Warren Buffett ist einer ihrer Verfechter. André Kostolany war es auch: Die Buy & Hold-Strategie. Sie bedeutet, Wertpapiere zu kaufen und über Jahre im Depot zu belassen. Klingt einfach. Hat Tücken. Und ist der Auftakt zu unserer Reihe „Anlage-Strategien“, in der wir die wichtigsten Börsen-Strategien vorstellen.
Von Antje Erhard
Es ist wohl einer der meistzitierten Börsen-Tipps aller Zeiten. Aktien zu kaufen, Schlaftabletten zu nehmen und erst viele Jahre später wieder in das Depot zu schauen. André Kostolany hat Anleger:innen in den 90er Jahren diesen Tipp gegeben. Gemeint ist damit: Geduld zahlt sich an der Börse langfristig aus, langfristig könne nichts schiefgehen.
Wir kaufen also Wertpapiere unabhängig vom aktuellen Börsengeschehen, wir versuchen nicht, den günstigsten Einstiegszeitpunkt zu erwischen und traden nicht hin und her. Mit Nichtstun zum Börsenerfolg?
Auch Warren Buffett sagte mal: „Meine Lieblingshaltedauer ist für immer.“ Und hielt sich über Jahre an diese Regel. Gerade hat der Chef der Beteiligungsfirma Berkshire Hathaway sein Portfolio, das mehr als 300 Milliarden US-Dollar Wert hat, per 30. September offengelegt. Dazu ist er gesetzlich verpflichtet. Für viele Anleger:innen sind die Börsen-Geschäfte von Warren Buffett ein Qualitätssiegel. Sie machen nach, was er vormacht.
Warren Buffett nimmt keine Schlaftabletten: Depot umgeschichtet
Und wir sehen: Auch Warren Buffett nimmt keine Schlaftabletten. Er hat zwar nicht massiv in sein Portfolio eingegriffen. Doch er hat einiges verändert: Zuletzt ist die Börsen-Legende, und diesen Begriff darf man hier wirklich mal verwenden, bei zwei kleinen Unternehmen eingestiegen: Royalty Pharma und Floor & Decor. Das neue Engagement bei dem Medikamenten-Finanzierer und der Einrichtungskette sowie eine Aufstockung von Chefron-Aktien ging zu Lasten des Kabelnetz-Betreibers Charter Communication, der Pharma-Konzerne AbbVie und Bristol-Myers Squibb sowie der Kreditkarten-Anbietern Mastercard und Visa. Alle diese Positionen hat er reduziert. Merck und Liberty Global wurden komplett verkauft. Fast 43 Prozent seines Portfolios macht eine einzige Aktie aus: Die des iPhone-Herstellers Apple. Auch die Aktie von Bank of America bleibt im Portfolio als Nummer 2. Ihr folgen American Express, Coca-Cola und Kraft-Heinz auf den Plätzen 3 bis 5.
Von den Besten lernen: Auch Warren Buffett baut sein Depot um
Warren Buffett baut also sein Depot um, wenn er von Titeln nicht mehr überzeugt ist. Am bekanntesten für diese Strategie wurde wohl sein Verkauf von Airline-Aktien zu Beginn der Corona-Krise. Also eine Art modifizierte Buy & Hold-Strategie. Buy an hold heißt also nicht (mehr), Aktien endlos zu halten.
Bis es aber so weit ist, stellen sich folgende Fragen: Welche Aktien soll man bzw. frau überhaupt kaufen? Und wie lange ist lange?
Und was, wenn die sprichwörtlichen Schlaftabletten nicht mehr wirken und man bzw. frau mitten in einem Crash aufwacht?
Belegt: In der Vergangenheit, langfristig, vor allem mit Indizes und etablierten Aktien hat Buy & Hold funktioniert
Da zeigen sich dann doch ganz schnell die Grenzen dieser Strategie. Doch schauen wir uns zunächst die Vorteile an:
In vielen Studien ist belegt, dass die Strategie in der Vergangenheit (!), langfristig (!) und mit etablierten (!) Aktien und Indizes funktioniert hat. Sie ist nicht belegt für viele neue Sektoren und Technologien, für Kryptos etc.
Man investiert mit überschaubarem Zeitaufwand.
Man hat weniger Kosten, weil das ständige Rein und Raus entfällt.
Wer sich an den Märkten gut auskennt, hat hier eine einfache Strategie zur Hand.
Aber: Wir selbst sind das größte Problem…
Nachteile hat diese Strategie allerdings auch:
Die Schwierigkeit bei Buy & Hold ist, bei Kursverlusten nicht die Nerven zu verlieren, sondern seiner Strategie treu und im Markt zu bleiben. Das größte Risiko sind dabei aber wir selbst: Die wenigsten Anleger:innen schaffen es, einen Crash auszusitzen. Viele sind mental einfach nicht in der Lage, ihre Strategie gegen alle Krisen durchzuziehen.
Außerdem sollte ein Buy & Hold-Portfolio über 20 Jahre gehalten werden können. Dieses Geld sollte also nicht gebraucht werden – und das geht nur, wenn man ein gutes finanzielles Polster hat.
Ein ungünstiger Ein- bzw. Ausstiegszeitpunkt kann Verluste bedeuten, aber auch dass man Aktien gewählt hat, die sich qualitativ als falsch erweisen. Dann heißt es: ehrlich mit sich selbst sein und im Rahmen der eigenen Strategie feinjustieren sprich: das Depot unter Umständen neu aufzustellen. Wer von seiner Strategie trotz eines ungünstigen Einstiegs überzeugt ist (KGV, KBV), kann bei gefallenen Kursen nochmals nachkaufen.
Häufig ist zu lesen, dass Buy & Hold eine so einfache Strategie sei, dass sie vor allem für Anfänger:innen geeignet ist. Das sehe ich nicht so: Ein Portfolio aus Einzelaktien zusammenzustellen, überfordert die meisten Börsen-Neulinge: Erfahrene Investor:innen bauen ihr Portfolio nach festgelegten Strategien und Kriterien auf. Zu den Kriterien gehören beispielsweise fundamentale Kennziffern wie Gewinnwachstum, Verschuldung, Investitionsquote etc.
Einfach heißt nicht zugleich erfolgreich
Buy & Hold ist nach meiner Einschätzung realistischer gerade für Einsteiger:innen mit ETFs umsetzbar: Ausgewogen, breit diversifiziert in den Gesamtmarkt zu investieren mit vielleicht drei ETFs, das ist sinnvoll und da hat diese Strategie durchaus ihre Berechtigung. Wer schon Börsen-Erfahrung hat, kann sein Portfolio um etablierte Qualitätsaktien ergänzen. Nur bitte nicht auf irgendeinen Trend aufspringen ohne Plan und Strategie. Nicht jeder Hype wird langfristig Bestand haben. Und Buy & Hold heißt nunmal: langfristig.
Fazit: Buy & Hold ist eine einfache Strategie ohne viel Zeitaufwand. Handelsgebühren und Transaktionskosten sind gering. Über den Erfolg sagt aber die Einfachheit nichts aus. Warren Buffett ist zwar einer ihrer Verfechter, aber auch er variiert durchaus in seinen Portfolios.
Warren Buffett sagt vor allem auch: Investiere niemals in ein Unternehmen, dessen Geschäft du nicht verstehst.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
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